So, jetzt habe ich es doch getan: Ich habe nach einigen Jahren noch einmal den Anfang des Perry Rhodan Neustarts aus dem Jahr 2011 gelesen. Nachdem ich ja beim WeltCon die illustrierte Sonderausgabe von Band 1 bekommen habe, sammelte und las ich fleißig weiter. Aus verschiedenen Gründen, riss der Faden irgendwann ab und ich verfolgte die Serie nur noch sporadisch. Mein letzter längerer Ausflug führte mich nach Andromeda. Ich hatte das einmalige Glück gleichzeitig die klassische wie auch die neu aufgelegte Reise in die Nachbargalaxie zu verfolgen. Das war ein Spaß.

Auslöser für die erneute Reise an den Anfang waren einige Bände der Platin-Edition, die in den letzten Wochen den Weg zu mir fanden.

Was steht drin

Frank Borsch und das damalige Autorenteam (das sich noch komplett aus den Reihen bewährter Erstausgabenautoren zusammensetzte) erzählen die Geschichte von Peregrins Mondfahrt neu. Die “klassische” Rhodanhandlung ist dabei schnell abgefrühstückt. Der Sofortumschalter fliegt zum Mond, entdeckt dort ne arrogante Olle und ihren kranken Vater, fliegt zurück zur Erde und beginnt einen Weltstaat aufzubauen, der von ein paar Mutanten unterstützt wird. Die Machthaber auf der Erde finden das doof.

Wie hat es mir gefallen

Mein erster Gedanke, nach dem zuklappen des zweiten Buches: “Wow. Einem SF-Roman beim Altern zusehen. Gibt es auch nicht alle Tage.”

Frank Borschs Version der Mondreise findet im Jahr 2036 statt. Das war im Veröffentlichungsjahr 2011 noch etwas hin und ist es heute auch noch. Natürlich muss man einiges ändern bei so einem Reboot. Denn so großartig Scheers Ur-Roman auch ist, so etwas kann man heute nicht mehr schreiben.  Lochkartenrechner und irgendwelche Folien, die vom Navigationspult herübergereicht werden, sind heute genau so überholt, wie die kreisende Whiskyflasche in der Zentrale. (Was nicht heißt, dass ich die Klassiker nicht genau deshalb gerne lese. Aber ich kann ja auch Kirk toll finden die Abenteuer der Discovery mit Spannung erwarten.)

Neben einigen zeitgemäßen Änderungen erzählt die erste Staffel NEO genau das, was mir in der klassischen Serie fehlt: Wie reagiert eigentlich die Menschheit, wenn irgendjemand ein Alien mitbringt? Was passiert mit den ganz gewöhnlichen Menschen? Wie reagiert die Presse und wie gerät das Machtgefüge auseinander? All das wurde von Scheer und Darlton ja nur knapp bis gar nicht geschildert. Da machte es “Plopp” und die Dritte Macht war etabliert, wenn man von des Eskapaden des Overhead mal absieht.

Was mich aber wirklich faszinierte, und da komme ich zu meinem ersten Gedanken zurück, sind die ungewollten Parallelen zwischen Scheers Roman und der Neufassung durch Frank Borsch. Wenn zum Beispiel einer der Protagonisten im Jahr 2036 noch einen myspace-Account hat, oder gefühlt alle drei Sätze betont wird, dass man mit einem Tablet-Computer immer und überall ins Netz kann (weswegen die Dinger natürlich Netz-Tablet heißen), dann ist das im Grunde nichts anderes, als die Lochkartenrechner im fiktiven Jahr 2000 der klassischen Serie. Myspace lag im September 2017, sechs Jahre nach Erscheinen des ersten NEO Romans nur noch auf Rang 3202 des Alexa Rankings. Das im Jahr 2010 erschienene iPad 1  war in der 3G-Ausführung erst einige Monate nach der WiFi-Version erhältlich und damals der neueste shice. Natürlich musste man das betonen.

Und was ist eigentlich mit Elon Musk, Richard Branson und Burt Rutan?  Der erste gründete SpaceX im Jahr 2002, ein Unternehmen das mittlerweile Marktführer beim Transport von Satelliten in den Orbit ist. Branson und Rutan gewannen im Jahr 2004 den Ansari X Price, indem sie 3 Menschen auf eigene Faust in den Weltraum beförderten (zumindest über die Kármán-Linie, die ja auch für Herrn Gagarin maßgeblich war). In Perry Rhodan NEO findet private Raumfahrt nur in wenigen Zeilen ganz am Ende der Staffel Platz, sie scheint nicht zu existieren. Peregrin fliegt brav für die NASA, und auch alle vorhandenen Mondstationen scheinen staatlich finanziert.

Ich glaube, es war Andreas Eschbach, der mal über die Undankbarkeit von Zukunftsvisionen geschrieben hat. Ich jedenfalls mag das, wenn SF altert. Besonders, wenn sie so gut altert, wie die erste NEO-Staffel.

Was allerdings erschreckend ist, sind die klimatischen Bedingungen, die Frank Borsch und seine Kollegen schildern. Florida ist wegen des angestiegenen Meeresspiegels abgesoffen, die Erde im NEOversum ist spürbar heißer. In der Zusammenschau mit den aktuellen realen Klimaberichten wird mir da mulmig. Sehr sogar.

Ein paar Gedanken zur Platin-Edition

Während ich die erste Staffel in Form der beiden wunderbar aufgemachten Hardcoverbände der Platin-Edition las, vermeldete Sabine Kropp auf der Verlagshomepage leider, dass die Hardcoverreihe mit Band 18 eingestellt wird. Das heißt, dass nach der Staffel “Epetran” Schluss mit bibliophilem NEO-Genuss ist. Danach bleiben Taschenhefte und eBooks.

Das Erscheinen der silber-glänzenden Bücher ließ mich zunächst relativ kalt. Ich habe alle Taschenhefte hier stehen, und die in jedem Band enthaltenen Kurzgeschichten gibt es ja für schmales Geld auch elektrisch. Außerdem bin ich kein Freund der klassischen Silberbände. Ich mag das Design nicht und finde es komisch, dass die Hefte gekürzt sind. Ich habe versucht, den Serienanfang in der Form zu lesen, aber es hat mich merkwürdig kalt gelassen.

Als ich die ersten Bände der Platin-Edition, dann im modernen Antiquariat meines Vertrauens fand, war ich wider Erwarten nicht ganz unfasziniert. Die Bände haben eine wertige Austrahlung (auch wenn der glänzende Einband verdammt leicht verkratzt), sind etwas größer als die klassischen Silberbände und enthalten vier komplette Romane, sowie eine Kurzgeschichte und in späteren Bänden auch ein kurzes Nachwort.

Für knapp 20 Euro erhält man über 600 wunderschön verpackte Seiten – definitiv kein Buch für die Badewanne. Eher was für lange Leseabende und ein schönes Bild im Regal.

Respekt dafür, dass ein Verlag das Wagnis eingeht, eine Serie, die sonst im Zeitschriftenständer zu finden ist,  so aufwändig zu präsentieren. Es ist schade, dass nach 18 Bänden Schluss ist, aber es ist toll, dass es die ersten 72 Taschenhefte in so einer bibliophilen Ausgabe gibt.