Ich hab mir in den letzten Tage ein paar Gedanken gemacht. Kann sein,
dass die wirr sind, aber ich schreib sie trotzdem mal auf. Mal schauen,
wie ich in sieben Jahren darüber denke, wenn ich zurückblicke.
Ich lese ja gerade zum ersten Mal den Zyklus um die “Meister der Insel”. Schon als ich 2011 in Mannheim so richtig mit der Perry Rhodan Serie in Berührung kam, war der einhellige Tenor unter den Fans: “Das ist der BESTE Zyklus aller Zeiten.” Dicht gefolgt von: “Danach ging es bergab.”
Da ich ja zu den Spätinfizierten gehöre und damals völlig fasziniert war, welche Welt sich mir mit dem Perryversum auftat, war für mich nur schwer zu glauben, dass etwas noch besser sein könnte, als der damals aktuelle Zyklus.
Höre ich mich heute um, gibt es immer noch Stimmen, die nichts auf MdI kommen lassen, wobei sich in diesen Chor auch immer mehr Töne mischen, die da lauten: “Also, so würde man das heute nicht mehr schreiben. Die Dramaturgie ist so vorhersehbar. Der Gegner kommt so unangekündigt. Der Stil ist hölzern.” undsoweiter, undsoweiter …
Ja, was denn jetzt?
Das Schöne am Heftehaufenblog ist ja für mich, die Diskussion mit anderen Fans. (Von der Meinung, das hier sei ein reines Lesetagebuch, bin ich glaube ich schon Ende Januar abgerückt 😉 Das ist es zwar auch immer noch, aber ich liebe den Austausch mit anderen Lesern und Sammlern in den Kommentaren, auf Twitter oder Facebook. Einfach mal “Danke” an dieser Stelle.)
Jedenfalls, Meister der Insel, Kommentare. Gedanken ….
Was ist eigentlich das Maß für “Gut”?
Ich betrachte den MdI-Zyklus aus zwei Richtungen. Von vorne und von hinten, sozusagen.
Lese ich den Meister der Insel Zyklus ausschließlich vor dem Hintergrund der ersten 200 Perry-Rhodan-Romane, so bleibt gar keine Wahl, als das Ding großartig zu finden.
Zum ersten Mal gibt es keine Nummernrevue mehr, keine parallelen Handlungsstränge, die fast berührungslos nebeneinander herlaufen. Perry und seine Kumpels springen nicht mehr planlos von hier nach da und wieder zurück. Alles baut aufeinander auf, mit dem klaren Ziel, die Meister der Insel, und damit das Böse schlechthin zu finden. Dabei werden geschickt alte Fäden (die Sache mit den Posbis z.B.) aufgegriffen, mit neuem Garn versponnen. Für die körperliche Ähnlichkeit von Arkoniden und Menschen wird eine spannende Erklärung geboten (Ich hasse Zeitreisen …) – alles folgt einem Plan über einhundert Hefte.
Das ist neu, das gab es noch nicht, das ist großartig.
Nun habe ich aber, um Helmut Kohl zu paraphrasieren, das Pech der späten Geburt. Meine Expokraten sind Uwe Anton, Christian Montillon und Vim Vandeman – versierte Geschichtenerzähler, in Wolle gefärbte Perrykenner und große Träumer, die wissen, wie man eine moderne Dramaturgie aufzieht. Und um die Sache noch schlimmer zu machen, habe ich 2011 dabei gesessen, als Frank Borsch den Fans Perry Rhodan Neo nahebrachte, eine Serie, die alte Namen nimmt und einen komplett anderen, moderneren Ansatz fährt und viel mehr auf die einzelnen Personen fokussiert. Ich las “Vision Terrania” und aus dem Holzschnitt Pery Rhodan der 60er wurde ein lebendiges Bild.
Vor diesem Hintergrund müsste ich eigentlich sagen: “Geh mir fort mit dem alten Zeug. Das ist hölzern, das ist platt, das ist vorhersehbar.”
Doch halt!
Würde ich vor dem Hintergrund meiner Lesesozialisation die Altmeister der Insel in Bausch und Bogen verdammen, würde ich zwei wesentliche Faktoren übersehen: die Patina und die Alterung.
Ich erinnere mich, als Kind, die “Dreibeinigen Herrscher” gesehen zu haben. Diese BBC-Serie mit den bedrohlichen Monstern, die die Menschheit unterdrückt. Keine Folge durfte ich da verpassen.
Auch, als ich die Serie vor zwei Jahren noch einmal neu geschaut habe, war ich gebannt, hatte Szenen von früher vor Augen und musste beide Staffeln so schnell wie möglich anschauen, weil die alte Faszination wieder da war.
Und dann habe ich einen entscheidenden Fehler gemacht. Ich habe das Medium gewechselt und die Romanvorlage von John Christopher gelesen, was ich als Kind nicht getan habe. Und was soll ich sagen, es war eine Katastrophe.
Bei Licht betrachtet fand ich die vierbändige Trilogie um die dreibeinigen Herrscher ziemlichen Unfug, durchweg schlechte Science Fiction und nur in Maßen zu ertragen.
Ich habe lange nachgedacht, wo der Unterschied lag, bis mir klar wurde, dass mir für das Buch jedwede wohlwollende Erinnerung fehlt. Im Gegensatz zur Fernsehserie hatte sich über das Buch für mich keine Patina aus Faszination und Erinnerungen gelegt.
Ähnlich geht es mir mit den alten ???-Hörspielen und Büchern. Dramaturgisch mag der Band 100 “Toteninsel” aus der großen Detektivserie ja tausendmal besser sein, als etwa der “Superpapagei”, aber ich habe eben dem dicken Mister Claudius beim Einschlafen zugehört. Und unter einer dicken Schicht aus Nostalgie tu ich das immer noch.
Nur leider fehlt mir dieser Patina-Faktor bei den Inselmeistern wegen meines verspäteten Einstieges. Dennoch glaube ich, könnte hier ein Grund für die ungebrochene Beliebtheit dieses Zyklus liegen.
Der zweite, vermutlich etwas weniger subjektive Faktor, ist die Alterung eines Werkes.
Letztens habe ich zum allerersten Mal den ersten Terminator-Film gesehen. (Schande über mich, dass es nicht schon eher war.) Dieser Film aus dem Jahr 1984 ist derartig zeitlos groß, dass es völlig egal ist, ob er nicht in zeitgemäßem Tempo oder mit schlimmen optischen Effekten daherkommt. Der Film war damals gut, und zwar so gut, dass er auch nach 30 Jahren noch gut ist. Ähnliches gilt meiner Meinung nach für “Der Pate” und Picards Enterprise (mit Ausnahme der Kinofilme).
Und vor diesem Hintergrund, dem Hintergrund der guten Alterung, kann ich nicht anders, als vor den Meistern der Insel meinen Hut zu ziehen. Mag manches noch so vorhersehbar, manches noch so hölzern sein, das was K.H. Scheer und die damaligen Autoren in diesem Zyklus geschaffen haben, ist einfach auch nach 50 Jahren noch verdammt gute Science Fiction.
So, und jetzt bitte, Diskussion frei. Sind die Meister der beste Zyklus aller Zeiten? Habe ich kompletten Murks geschrieben? Waren die Meister noch nie der beste Zyklus, sind die Atopen viel cooler?
Ich freue mich auf zahlreiche Kommentare hier und drüben bei FB und Twitter.
Martin liest sich seit dem 1. Januar 2017 vom ersten Heft an durch die Perry-Rhodan-Heftserie und hat sich vorgenommen, mit dem Heftehaufen ein öffentliches Lesetagebuch zu führen.
Wenn er mit dem Kopf nicht im Weltraum steckt, stromert er mit seiner kleinen Familie durch die Eifel, das Universum und den ganzen Rest.
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