The Show must um jeden Preis go on

Ein paar freie Tage gepaart mit ein wenig Leseelan und einem kurzen Zyklus – und zack ist der nächste Rückblick da. Und mal wieder bin ich einigermaßen zerrissen ob der Hefte, die ich im Eiltempo las. Aber vermutlich schlägt das Pendel am Ende doch zum positiven aus. Lasst uns doch einfach mal schauen.

Was steht drin?

Perry hat eine halbgottähnliche Tochter, die entführt wird, alle suchen sie, und Icho Tolot hat seinen großen Auftritt. Danach scheint die kosmische Hanse mehr und mehr in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, stattdessen organisiert man sich lieber in Kleingruppen mit komischen Namen. ESTARTU und Tarkan scheinen dicke Dinger zu sein, aber niemand hat einen Plan. Alaska hat die Maske ab und bleibt seltsam gesichtslos, Perry tackert sich das nächste Kosmodings ans Knie, und um es spannend zu machen, klatscht ein KLOTZ aus einem anderen Universum in die Handlung. Immerhin. Und irgend jemand scheint ein Faible für sperrige Titel zu haben, oder jemand anders hatte bereits ein Copyright auf den Terminus “Netzgänger”. Wie dem auch sei – war flüssig zu lesen.

Meine höchst subjektiven Eindrücke

Tja, wo fange ich an. Am besten mit dem Offensichtlichen: Mit dem KLOTZ scheppert etwas recht Geheimnisvolles gleich zum Anfang in die Handlung und die Expokraten haben offenbar aus dem OLD-MAN-Desaster gelernt. Diesmal wird nicht in Heft drei aufgeklärt, warum das Ding da steht und wer es gebaut hat. Schön, sehr schön. Und auch Ratber Tostan macht eine ziemlich gute Figur.

Gar keine gute Figur macht hingegen Alaska, der zwar ein paar schöne Auftritte bekommt. Aber als Mann ohne Maske bleibt mein Lieblingscharakter doch relativ unscheinbar. Fast, als hätten die Autoren nicht gewusst, was man mit dem neuen Alaska so anstellen könnte. Für diese These spricht, dass ich den guten Mann zu meinem persönlichen Einstieg ja wieder mit Gesichtsbedeckung kennenlernen durfte. Offenbar wird da irgendwann mal jemand ein Einsehen gehabt haben werden. (Welche Zeitform nutzt man für eine zukünftige Handlung, die vor Jahren geschrieben, aber noch nicht gelesen wurde, deren Ausgang bekannt ist und die zudem noch in einem fiktiven Universum in ferner Zukunft spielt. Sag mir noch jemand, Science Fiction wäre einfache Literatur.)

Noch blasser bleibt Jen Salik, der unglückliche Ritter der Tiefe, der ungefähr so notwendig war, wie die Freundinnen von Justus, Peter und Bob oder das neue A-Team Mitglied in der finalen Staffel. Es würde mich nicht wundern, wenn der gute Ritter den nächsten Zyklus nicht überlebt. (Ralf, lass das spoilern, bitte.)

Ach ja, und dann gibt es da noch die Kartanin, die in vermutlich nicht allzu ferner Zukunft mal wieder die gute alte Ringwelt auf meinen Nachttisch bringen werden. Ich mag Katzen in Raumanzügen.

Tja, und die Handlung? Mal ehrlich, der olle Perry kämpfte gegen die Elemente höchstselbst, erlebte Dinge, die sich niemand von uns vorstellen kann, kriegt dann kurz vor der finalen Frage Fracksausen und macht einfach das dasselbe nochmal, was er mit dem Frostrubin schon getan hat, nur mit weniger mächtigen Gegnern?

Bitte …

Das ist wie Pierre Littbarski bei Brummel Sendai, Franz Beckenbauer bei New York Cosmos oder Kevin Großkreutz bei Bayer Uerdingen. Alles schön und gut, aber muss das sein? Hätte Perry nicht einfach alle drei Fragen beantworten können? Und dann einfach so aufgehen in ES? Oder sich mit Ernst Ellert ein Wiesnbier gönnen? Irgendwas anderes, als dieselbe Routine, die der gute Mann seit hunderten von Jahren durchzieht?

Und genau da liegt die große Stärke des Netzgängerzyklus! Hätten Ernst Vlcek und Kurt Mahr dem ollen Perry dieses Heldenende spendiert, nachdem er gigantomanischste Abenteuer überleben durfte, dann würden wir heute alle Maddrax oder Sternenfaust lesen und vom großartigen aber viel zu frühen Ende der Rhodan-Serie erzählen. Und VPM hätte sich wirtschaftlich derartig ins Knie geschossen, ich mag es mir gar nicht ausmalen.

Zum Glück waren die damaligen Expokraten cleverer und haben im Netzgängerzyklus auf für mich schlüssige Weise versucht, Perry und seine Serie aus den Fängen der Kosmokraten und Materiesenken zu befreien. Der Mut zum großen Bruch war noch nicht da (Ja Ralf, das mit den Cantaro hast du schon gespoilert.), aber dafür der Mut zum ein oder anderen Experiment. Der Hansezopf scheint demnächst abgeschnitten zu werden, Alaska darf sich verändern, Salik verschwindet in der Versenkung. Das Tiefenland bleibt das Tiefenland, dafür gibt es spannende Kommandounternehmen und Gruppierungen wie die PIG.

Dennoch verschwindet das fantastische Element nicht ganz, und es gibt “Das Netz” und ophalische Meistersinger. Finde ich in seiner Dosierung so vollkommen in Ordnung, denn Perry ohne Sense of Wonder funktioniert ja nun auch wieder nicht.

Dabei scheint es mir, dass all diese Elemente und Versatzstücke nicht ganz zueinander passen wollen. Wie kindliche Experimentierfreude ohne großen Plan, der ja nun bei Meister Voltz eindeutig da war.

Versuch eines Fazits

Auch wenn ich die Handlungselemente des Netzgängerzyklus als etwas zusammengewürfelt empfunden habe, so ziehe ich doch meinen Hut vor der Leistung von Ernst Vlcek und Kurt Mahr. Für mein Empfinden hat William Voltz die Serie an einem Punkt hinterlassen, an dem sie im Grunde auserzählt hätte sein können. Dabei hat er Welten geschaffen, in die zu folgen es immer schwerer wurde. Glaubt man den Erzählungen, so schlug sich das auch in den Verkaufszahlen nieder.

Und was macht man jetzt daraus? Damals entschied man sich dazu, den Heften einen Hinweis auf “mehr Action” mitzugeben und behutsame Änderungen herbeizuführen, ohne den großen Bruch mit dem lange gewachsenen und sorgsam gehüteten Kanon zu provozieren. Und in dieser Hinsicht überzeugen mich “Die Gänger des Netzes”. Ob ich sie erneut lesen würde? Vermutlich nicht. Schließlich warten demnächst die Cantaro und Tarkan will ja auch noch entdeckt werden. In diesem Sinne: Energie!