Perry Rhodan in den EUROPA-Hörspielen der 80er

Nach meinem Ausflug in die rhodanistische Hörspielfrühzeit war es logisch, mir als Nächstes die zwölfteilige Hörspielbearbeitung des Serienanfangs aufs Ohr zu legen. Ein Dutzend Hörspiele, die die Geschichte der ersten neunzehn Heftromane umfassen, also vom Mondflug bis zum Treffen mit ES. (Ich mopper jetzt genau einmal darüber, aber vermutlich weiß ich jetzt, warum manche Raketenheftfreunde vom Geistwesen “Eeeeeeees” sprechen, was bei mir zu seltsamen Blicken führt, aber egal. Weiter im Text.)

Mein Senf zu den Hörspielen erfolgt auch diesmal in strenger Hörreihenfolge, die natürlich diesmal genau der chronologischen Ordnung entspricht.

Tolle Titelbilder und ein paar Auslassungen

Bei den Coverabbildungen hat EUROPA diesmal mehr Werktreue bewiesen, als bei den etwas zufällig wirkenden Verpackungen der ersten Hörspielreihe. Im Großen und Ganzen hat man sich an die Abbildungen der damals aktuellen fünften Auflage gehalten. Nur bei Folge zwei hat man auf das Motiv des ersten Silberbandes zurückgegriffen. Vermutlich wollten man den ollen Peregrin zum Serienstart einfach prominent in Szene setzen. Das geht schon in Ordnung.

Erschienen ist die Originalserie in Form von 12 MCs, also Kassetten, die heute antiquarisch zu Mondpreisen erhältlich sind. Eine gekürzte Neuaflage gab es dann später auf CDs, wobei die Kürzungen hier auf den leidigen Rechtsstreit zwischen EUROPA und dem Komponisten Carsten Bohn zurückzuführen ist. Dabei sind wohl auch einige Dialoge der Schere zum Opfer gefallen. Näheres weiß NATHAN die Perrypedia. Komplett weggefallen sind die Heftromane acht, neun und 18 – also die erste Venusepisode und die Rebellen von Tuglan.

Gehört habe ich die Hörspiele wie üblich als Download im Auto. Und nun zum Senf:

01 – Unternehmen Stardust

Dass Heft 1 ein eigenes Hörspiel bekommt, versteht sich von selbst. Dabei verzichtet H.G. Francis in seiner Hörspielbearbeitung sowohl auf den militärischen Anfang des Urheftes, als auch auf den humanistisch geprägten Vorspann der Silberbände. Bei EUROPA finde ich mich gleich auf dem Mond wieder. Das mag ich.

Danach wird es allerdings recht plakativ: Die Terraner sind immer tatkräftig und die Arkoniden immer degeneriert. Und chinesische Charaktere haben den damals EUROPA-typschen “L”-Sprachfehler. Mit Uwe Friedrichsen als Rhodan habe ich in dieser Folge noch Probleme, vielleicht erinnere ich mich noch zu gut an die Sesamstraße. Besser gefallen mir Judy Winter als Thora und Ernst von Klipstein als Crest. Letzterer ist übrigens der Sprecher des Wong aus “Die drei ??? und der grüne Geist”, was ich die nächsten elf Folgen nicht mehr aus dem Kopf bekomme.

02 – Die dritte Macht

H.G. Francis packte für dieses Hörspiel die Romanfolgen zwei und drei zusammen, was für mich völlig in Ordnung geht. Rückblickend ist diese Folge einer der Serienhöhepunkte. Gottfried Kramer war im Grunde in jeder Rolle gut (von der leidigen Neuauflage des Superpapagei mal abgesehen), und auch als Dr. Haggard haut er mich aus den Socken. Großartig die Schnulzenklassik, nachdem alle Atomwaffen der Erde außer Funktion sind.

Und dann gibt es da diese wunderbare Stelle, an der es über Rhodan heißt: “Er blickte still in den wolkenlosen Himmel hinauf, wo der Mond seine einsame Bahn um die Erde zog. Da oben war Thora.” Kurz darauf dreht die gute Durch und Judy Winter darf zeigen, was sie kann. Zum Abschluss gibt es noch musikalisches Thunderbirds-Gefühl. Ich bin glücklich.

03 – Mutanten

Ich bekomme es mit einer wüsten Mischung aus Mutanten, Fantan-Leuten und einer immer noch rasend-dollen Thora aus den Heften vier und fünf zu tun. Die Folge hat keine klare Linie und fällt in meinen Augen im direkten Vergleich zum Vorgänger stark ab. Mich rettren die Sprecher. Gottfried Kramer natürlich. Ich gewöhnte mich an Uwe Friedrichsen als Major Rhodan. Und Thora nervt so sehr, dass sie nur für diese eine Folge eigentlich von der großen Reinhilt Schneider hätte gesprochen werden MÜSSEN!

04 – Der Angriff der Individualverformer

Die Folge fasst die Hefte sechs und sieben zusammen und überzeugt mich durch ihre atmosphärische Dichte. EUROPA greift hier tief ins Soundarchiv und präsentiert uns sogar Onkel Titus’ alte Flex auf dem Schrottplatz Raumhafen von Terrania.

Für mich ein erneuter Höhepunkt, immerhin ist die spannende Geschichte rund um die IVs diesmal sehr gut verdichtet. Es kommt echtes Rhodan-Feeling auf, durchsetzt mit dem Flair alter Kullissenschieberfilme der 1950er-Jahre.

Dass es ab da dauerhaft ” Ällen Die Möhrkent” und “Betty Taffrie” heißt, macht für mich den Charme alter EUROPA-Hörspiele aus. (Erst Jahre später musste ich einsehen, dass niemand in Schottland weiß, wer die Ardschill Queen oder Äindsches Gun aus dem Phantomsee sind.)

05 – Raumschlacht im Wega-Sektor

Auf der Karl-Herbert-Scheer Skala für Raketenheftdrmaturgie erreicht die Bearbeitung von Heft 10 die volle Punktzahl. Thora schwelgt verzückt im Bombenrausch, die Raumschlacht im Wegasektor ist spannendes Kopfkino mit packendem Soundtrack. Außerdem tritt Lutz Mackensy auf.

06 – Mutanten im Einsatz

Der Mutanteneinsatz aus Heft 11 schließt direkt an die Vorgängerfolge an. Beim ersten Hören freue ich mich, in der Retrospektive beginnt hier der Abstieg der Hörspielserie. Nicht, dass es mir ab hier keinen Spaß mehr gemacht hätte, aber ab jetzt nimmt Francis für meinen Geschmack zu viele Nebenhandlungen mit.

Trotz dieser Meckerei finde ich die Folge noch gut. Thora und Perry liefern sich zu Beginn ein kleines Balztänzchen, danach entdeckt der Held einen Transmitter und Bully darf den Dr. McCoy geben und gegen Materieverschickung wettern. Schlussendlich kommt noch der gute alte Psychostrahler zum Einsatz. Unterlegt ist das Ganze mit der Musik alter Gladiatorenfilme und einigen Kabinettstückchen aus der EUROPA-Schatztruhe, die mich unweigerlich an die drei Detektive denken lassen.

07 – Das Geheimnis der Zeitgruft

In der Vertonung von Heft 12 läuft Uwe Friedrichsen zu Hochform auf. Endlich gibt er den Perry Rhodan der Serienfrühzeit und lässt sich dabei von einer Art modern-easy-listening-Jazz-Pop begleiten. Natürlich lauert auch hier wieder Rocky Beach. Tako Kakuta und Sony Elmquist aus dem Karpatenhund werden beide von Philip Kunzmann gesprochen.

08 – Entscheidung im Wegasystem

Ja, ganz nett. Aber im Grunde ist das hier die erste echte Lückenfüllerfolge, bei der ich mich ein wenig gelangweilt habe. Außerdem war hier wieder der charakteristische Grobschmied am Werk. Bully ist mir zu bully und Thora zu thorös. Einzig Crest überrascht am Ende durch eine Konsequenz, wie sie für ein Kinderhörspiel schon nicht ganz schlecht ist. Chapeau!

09 – die Spur durch Zeit und Raum

Es geht noch einmal aufwärts und wird kosmisch – zumindest für damalige Serienverhältnisse. Die Folge ist ein feines und spannendes dungeon adventure.

Meine Lieblingsstelle ist das kleine Fressgelage gegen Ende der Folge, bei dem die Gefährten langsam verstehen, dass sie einem unsterblichen Wesen auf der Spur sind. Perry mampft ahnungslos mit. Außerdem klingt der Roboter in dieser Folge, als hätte sich Robby aus “Forbidden Planet” eine Nacht mit einer Dampflok vergnügt.

10 – Die Geister von Gol

Die Zusammenfassung der Hefte 15 und 16 hat bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

11 – Planet der sterbenden Sonne

Ich weiß schon, dass EUROPA noch drei Hörspiele angekündigt hatte, es also durchaus einen Grund für das Mitnehmen der Tramp-Episode gab. Aber so richtig spannend ist das Mausbibererlebnis nicht. Die Suche nach ES hätte mich mehr interessiert, als spielende Weltraumratten.

12 – Der Unsterbliche

Mit der Umsetzung des legendären Bandes 19 erreicht die Serie ihr unfreiwilliges Ende, das bestens bekannt ist. Crest darf nicht, Perry soll und Bully muss am Ende ins Duschzelldingsbums. Die Episode auf Wanderer kann mich wieder überzeugen, schön ist auch das berüchtigte erste Aufeinandertreffen von Bully und Leutnant Guck umgesetzt. Aber warum bitte muss der kleine Mausbiber wie der uneheliche Sohn von Rumpelstilzchen und Pumuckel klingen?

Fazit

Trotz mancher Länge im letzten Drittel ist die Perry Rhodan Umsetzung aus dem Hause EUROPA ein großer Spaß. Kassettenkinder treffen auf jede Menge alter Bekannter und neuem Gewand. Allein das macht mir das Hören zu einem Vergnügen. Leider sind drei geplante Folgen (davon eine um den Overhead) nicht mehr erschienen, die Serie ist aber kein Fragment. Vielmehr würde man heute sagen, dass nach der ersten Staffel Schluss war.

Insgesamt erscheint mir die zweite EUROPA-Serie deutlich weniger schräg, als der erste Versuch mit den drei Planetenromanen. Freunde alter Hörspiele dürfen gern zugreifen und sich diese interessante Variante meiner Lieblingsserie anhören.

Und nun?

Vermutlich werden mich demnächst die Plejaden auf meinen Wegen begleiten und Volker hat mir noch zugesagt, einige CDs der Eins-A-Medien-Hörspiele zu leihen. Langeweile auf langen Wegen ist also für die nächste Zeit nicht absehbar.