Im Gespräch mit Mikhail Bocharov
Wer die russische Fassung dieses Gesprächs lesen möchte, folge bitte diesem Link.
Abonnenten der SOL und Mitgliedern der Twitterbande dürfte Mikhail Bocharov, der Rhodanist aus dem russischen Kursk, wohlbekannt sein. Mithilfe des Programms deepl.com steht Mikhail in regem Austausch mit der Fanszene und so ist es kein Wunder, dass mittlerweile schon das ein oder andere Päckchen und ein paar Postkarten ihre Wege von und nach Russland gefunden haben.
In den letzten Tagen haben wir mithilfe des automatischen Übersetzers ein wenig geplaudert, dabei kam dieses kleine Interview heraus. Da das Thema Übersetzungsprogramme keine ganz kleine Rolle spielt, haben wir uns dazu entschieden, den Text weitestgehend unbearbeitet zu lassen, um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie weit diese Technik mittlerweile ist und dass es sich nicht mehr um Science Fiction handelt.
Mikhail, man kann dich mittlerweile als Russlands bekanntesten Rhodan Fan bezeichnen. Erzähle und kurz, wie du zur Serie gekommen bist.
Oh, das ist eine ziemlich ungewöhnliche Geschichte! Als ich in der Schule war, kaufte ich jeden Monat ein russisches Magazin über Videospiele. Und 2008 las ich eine Rezension des Perry Rhodan Spiels. Der Autor des Artikels erwähnte, dass bereits mehr als 2400 Romane veröffentlicht worden seien, und ich erinnerte mich sehr gut daran. Zehn Jahre später erinnerte ich mich an Perry Rodan und beschloss zu sehen, ob er auf Russisch veröffentlicht wurde. Es stellte sich heraus, dass es die ersten drei Silberbande auf Russisch gab, die 1998 veröffentlicht wurden. Ich fand diese Bücher auf dem Flohmarkt, las sie und war fasziniert! Natürlich wollte ich weitermachen.
Nun gibt es bis auf die genannten Silberbände und ein paar einzelne Romane die Rhodan-Serie nicht in russischer Sprache. Mich würde interessieren, wie du beim Lesen eines neuen Romans vorgehst. Liest du auf Deutsch?
Zuerst habe ich versucht, mit Hilfe von Lehrbüchern und Apps Deutsch zu lernen. Ich mag diese Sprache sehr, aber um Bücher zu lesen, brauche ich mehrere Jahre kontinuierlichen Lernens, was sehr schwierig umzusetzen ist. Die Zukunft umgibt uns hier und jetzt, die Übersetzer werden durch deep learning von Minute zu Minute besser. Ich habe beschlossen, dass dies meine Chance ist, Bücher zu lesen. Ich wandte mich an einen Freund, der ein kleines Programm entwickelt hat, das Bücher aus dem Deutschen ins Russische übersetzt. Hier ist also eine inoffizielle Ausgabe, die auf den von mir gekauften Romanen basiert. Was das Urheberrecht betrifft, so verbreite ich diese Bücher nicht und lösche sie nach dem Lesen. Bei Bedarf werde ich den Roman immer wieder ins Russische übersetzen können. Die Übersetzung ist nicht immer erfolgreich, manchmal missversteht ein Übersetzer einen Begriff, aber sie ist besser als nichts.
Das klingt ziemlich großartig. Liest du auf diese Weise nur die aktuellen Hefte oder auch alte Romane?
Lange Zeit las ich nur klassische Romane, aber als die Bücher aus dem aktuellen Zyklus auftauchten, las ich einmal pro Woche immer neue Bücher. Im Moment lese ich den Roman Nummer 205 und warte auf die Veröffentlichung von 3041. Ich vergesse nicht, Planetenromane zu lesen, viele von ihnen gefielen mir sehr gut.
Du warst schon in der SOL und bist ziemlich aktiv im Fandom. Wie groß ist die russische Rhodan Fangemeinde? Gibt es andere Fans in Russland, mit denen du dich austauschen kannst?
Ich versuche, Fans anzuziehen, also schreibe ich kurze Nacherzählungen von gelesenen Romanen auf meiner Website. Einer meiner Bekannten lebt in Deutschland und kauft aktuelle und manchmal auch alte Romane, wenn er feststellt, dass jemand sie verkauft. Zwei weitere Menschen aus Russland lesen klassische Romane und aktuelle Romane entsprechend. Das ist ein großer Fortschritt! Letztes Jahr hat niemand diese Bücher bei mir gelesen. Zumindest wusste ich nichts über Leser aus Russland. Meine Schwiegermutter hat drei Bände mit großem Vergnügen gelesen und möchte gerne mehr lesen, aber es gibt nichts anderes auf Russisch, und mein Programm übersetzt noch nicht perfekt, um Bücher mit vollem Komfort zu lesen. Ich kaufe manchmal russische Ausgaben und gebe diese Bücher an Freunde und Bekannte weiter. Einige Leute haben Rhodans Abenteuer geliebt und andere konnten noch nicht anfangen zu lesen.
Das klingt leider nicht so, als würde es in absehbarer Zeit wieder eine russische Rhodan-Ausgabe geben. Lass uns deshalb einen Blick in die Vergangenheit werfen: Die Sowjetunion war ziemlich technikbegeistert. Gab es damals eine ähnliche Romanserie, die wie Rhodan wöchentlich erschien? Oder gibt es in Russland vielleicht sogar aktuell eine Heftromanserie?
Als ich geboren wurde, war die Sowjetunion weg, aber ich hatte eine riesige Büchersammlung von meinem Großvater zu Hause. Es gab praktisch keine Buchreihe, aber es gab nur große Romane und Geschichten von Schriftstellern wie Alexander Belyayev, Kir Bulychev, Alexei Tolstoi und vielen anderen. Das Interesse an großen Serien begann im modernen Russland aufzutauchen, aber es ging mehr um das Genre der Fantasie. Science Fiction beschränkt sich in Russland meist auf Trilogie oder ein wenig mehr. Heutzutage hat die russische Science-Fiction eine Art Stagnation. Natürlich werden Bücher veröffentlicht, aber nicht alle sind es wert, beachtet zu werden. So erfreuen sich beispielsweise Romane nach S.T.A.L.K.E.R.-Videospiele oder Romane im Universum “Metro 2033” und ähnliche Serien nach wie vor großer Beliebtheit, aber es gibt auch viele uninteressante und unzusammenhängende Geschichten.
Metro 2033 habe ich sogar gelesen und war begeistert, diese düstere Atmosphäre in der alten U-Bahn, die verschiedenen Gesellschaftsformen und ihre unterschiedlichen Werte und Normen. Davon hätte ich gern mehr gelesen. Kannst du deutschen Lesern ein bahnbrechendes Werk empfehlen, mit dem sie einen Zugang zu russischer Science Fiction erhalten, wenn sie noch gar nichts gelesen haben?
Oh, es gibt viele Bücher über verschiedene Städte im Metro-Universum, etwa 50 Bücher, vielleicht mehr. Ich weiß nicht, ob es Bücher auf Deutsch gibt, aber alle Sci-Fi-Fans sollten das Buch “Die bewohnte Insel” und “Picknick am Wegesrand” der Brüder Strugatsky, die Geschichten von Alexander Belyaev (mein Favorit ist “Professor Dowell’s Head”) und “Aelita” von Alexei Tolstoi lesen. Das ist klassische sowjetische Science-Fiction. Aktuell gefällt mir der Roman “Tomorrow War” von Alexander Zorich.
Da dürfte mein Stapel ungelesener Bücher sicher noch ein wenig größer werden. Vielen Dank.
Über deepl unterhältst du dich mit vielen deutschen Fans. Selber wohnst du in Kursk, was ja von uns aus nicht wirklich nah ist. Gibt es Pläne, dass du einmal persönlich nach Deutschland zu einer Convention kommst?
Ich würde gerne meine Perry-Freunde sehen, besonders unsere #Twitterbande! Auch ein Besuch der Redaktion wäre schön. Ich hoffe, dass ich es eines Tages schaffen werde. Bisher haben wir Postkarten und Geschenke ausgetauscht, was sehr schön ist. Ohne den Deepl-Übersetzer wäre unsere Kommunikation nicht so interessant und produktiv. Natürlich macht er immer noch Fehler, aber die Sprachbarriere verschwindet allmählich. Das ist sehr wichtig.
Da hast du etwas sehr Wichtiges gesagt. Rhodan-Leser leben die Völkerverständigung, die schon seit den allerersten Heften eine der wichtigen Botschaften der Serie war. Da soll noch einmal jemand was gegen sogenannte Schundliteratur sagen. Mikhail, ich danke dir für das Gesrpäch und hoffe, dass wir uns in diesem Universum irgendwann einmal persönlich begegnen.
Vielen Dank für unsere Freundschaft und deine Fragen! Sie waren interessant zu beantworten. Ich hoffe auch, dass wir uns eines Tages alle treffen werden.
Martin liest sich seit dem 1. Januar 2017 vom ersten Heft an durch die Perry-Rhodan-Heftserie und hat sich vorgenommen, mit dem Heftehaufen ein öffentliches Lesetagebuch zu führen.
Wenn er mit dem Kopf nicht im Weltraum steckt, stromert er mit seiner kleinen Familie durch die Eifel, das Universum und den ganzen Rest.
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