Die März-Zeitreise geht eindeutig auf Volkers Kappe. Ich bedanke mich vorweg für viele wundervolle Erinnerungen an Nachmittage mit meinem Vater und bitte eventuelle Gedankensprünge und Weitschweifigkeiten schon jetzt zu entschuldigen.
Ich versuche mich einmal an einer logischen Reihenfolge:
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Volker hat im Januar von seiner Erinnerung an Lesenachmittage mit Perry Rhodan und Bounty-Riegeln geschrieben. Volker, ich liebe Bounty-Riegel. Danke, dass ich extra für diesen Bericht eine Tüte davon gekauft habe.
Heute gehe ich in den Laden und kaufe mir einen Riegel, aber wie war das damals in den 80ern?
Süßigkeiten waren elterlicherseits ja mehr oder weniger rationiert und 70 Pfennig, der Preis eines Riegels zu Kinderzeiten, machten das Ganze zu einer ziemlichen Luxusangelegenheit.
Um an Geld außer der Reihe zu kommen, hatten wir als Kinder drei Möglichkeiten:
Man konnte Pfandflaschen sammeln.Klar. Das habe ich aber selten gemacht, weil das immer eine Ewigkeit gedauert hat, da auf eine anständige Summe zu kommen.
Wenn man wie ich seine Kindheit in den Siebzigern und Achtzigern in einer Großstadt mit Flughafen verbracht hat, wusste man bessere Möglichkeiten.
Damals konnte man als kleiner Dotz nämlich noch mit einer Plastiktüte zum Büdchen gehen, die in Düsseldorf oft den schönen Namen Trinkhalle tragen, und sich für den Papa mal drei Flaschen Alt einpacken lassen. Das Restgeld durften wir in den meisten Fällen behalten. Da war eine Mark schnell zusammen.
Noch großartiger, allerdings deutlich seltener war ein Besuch auf dem Flughafen. Da standen nämlich Gepäckwägelchen rum, für die man damals noch ein Pfand zurück bekam. 50 Pfennige steckten in so einem Wagen. Da hatte man sein Bounty natürlich schnell zusammen, vor allem dann, wenn man sich getraut hat, am Taxistand freundlich zu fragen. Dabei durfte man sich allerdings nicht erwischen lassen, das war nicht gern gesehen.
Natürlich hatten wir alle von den legendären 50ern aus dem Jahr 1950 mit dem falschen Aufdruck “Bank Deutscher Länder” gehört und jede Münze sorgfältig kontrolliert. Wir waren jederzeit bereit, einen Schatz zu heben.
Nicht gern gesehen war natürlich der Solobesuch des Flughafens. Dazu musste man irgendwie um die Engländerkaserne rum, die es damals im Düsseldorfer Norden gab. Das war mit unseren kurzen Beinen ein ausgesprochen langer Fußweg und lag natürlich komplett jenseits des erlaubten Spielgebietes, was natürlich die Spannung beim Wagensuchen nicht unwesentlich gesteigert hat. Etwas Verbotenes tun und dabei Geld verdienen – wir haben uns gefühlt wie richtig erwachsene Ganoven.
Auf erlaubte Weise zum Flughafen ging es oftmals an Sonntagen. Da war der Zeitschriften- und Buchladen in der Abflughalle (damals noch im alten Düsseldorfer Flughafen) ein beliebtes Ausflugsziel von meinem Vater und mir. Er hat die Augen nach neuen Lucky Luke Comics aufgehalten, ich nach Kofferwägelchen – und natürlich Lucky Luke.
Übrigens gab es in diesem Bücherladen eine ganze Wand voller Silberbände, die schon damals mächtig Eindruck auf mich gemacht hatten. Da mein Vater aber nicht das Geringste von Science Fiction hielt, und auch heute noch nichts damit anfangen kann, hat er mich von diesem “Schundkram” immer recht schnell weggezogen. Noch immer bezeichnet er alles, was irgendwie in Richtung “Weltraumbuch” (Bezeichnung meiner Tochter für Perry Rhodan Hefte) geht, etwas abfällig als “Captain Flutscher”.
Wer weiß, was passiert wäre, wenn er das nicht getan hätte. Heute treffen wir uns literarisch bei Arthur Conan Doyle und Edgar Allan Poe.
Das waren schöne Nachmittage damals. Leider haben die irgendwann in den 80ern aufgehört, weil mein Vater IRA-Anschläge auf die nahe gelegene Engländerkaserne befürchtet hat.
Der finanziell lohnenswerteste Ausflug war übrigens der, den ein Freund meines Vaters mit uns unternahm. Der Mann war bezeichnenderweise Schotte und hatte einen ganzen Sack Shillinge, also alter 5-Pence-Münzen dabei. Die waren genau so groß wie Markstücke, die man in den Wechselautomaten für die Kofferwägelchen stecken konnte, um zwei 50-Pfennig-Stücke rauszubekommen. Tja, was soll ich sagen. Der schottische Freund war großzügig und wir waren jung und brauchten das Geld. Wägelchensuchen war an dem Nachmittag gestrichen und schottisches Shortbread hatte zu der Zeit etwas echt exotisches. Dagegen kam kein Bounty an.
Weitschweifige Gedanken, ich weiß. Aber so ist das eben bei mir, wenn jemand in einem Perry-Rhodan-Blog von Bounty-Riegeln erzählt. Danke, Volker.
Und heute bin ich es, der mit seiner Tochter am Köln-Bonner-Flughafen nur schwer aus dem Bücherladen zu bekommen ist.
Martin liest sich seit dem 1. Januar 2017 vom ersten Heft an durch die Perry-Rhodan-Heftserie und hat sich vorgenommen, mit dem Heftehaufen ein öffentliches Lesetagebuch zu führen.
Wenn er mit dem Kopf nicht im Weltraum steckt, stromert er mit seiner kleinen Familie durch die Eifel, das Universum und den ganzen Rest.
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