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Heftehaufen

von Einem, der auszog, um 3000 Perry-Rhodan-Romane zu lesen

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Monatsfazit – November 2020

Da sind schon wieder zwei Monate rum, ohne dass mans merkt. Unerhört! Scheint wohl an der Lektüre zu liegen.

So lief die Leserei

Dass sich mein Leseverhalten leicht umgekrempelt hat, habe ich hier ja schon einmal erzählt. Jetzt bin ich nicht wirklich zum bekennenden Ebook-Freund geworden, aber mitunter sind die Dinger echt praktisch, vor allem, wenn man Frühaufsteher ist, und niemanden sonst mit Leselicht behelligen will. Aber: Heft bleibt Heft, und da geht nix drüber.

Dennoch, das muss man diesen Elektrodingern lassen, haben sie mir geholfen, eine Aufholjagd delüxe zu starten. Passt also alles, und nach dem Tarkankrampf genieße ich jetzt die herrlich düstere Stimmung und stringente Erzählweise des Cantaro-Zyklus.

Außerdem genieße ich gerade die Jubiläumsedition der SOL und gelobe, nach dem kleinen Unboxing hier noch eine ausführliche Besprechung:

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Ich blättere in der SOL

Nebenher höre ich im Auto gerade Hörbücher von Kazuo Ishiguro, also etwas komplett anderes, oder ich lese Vakuum.

So lief die Bloggerei

Viel Zeit für Raketenhefte ist gerade nicht, und das was bleibt, investiere ich zum größten Teil in die Leserei. Ist halt gerade so, wird auch irgendwann wieder besser. Ich hab mir da keine Mindestartikelzahl gesetzt. Was kommt, das kommt. Fertig.

Und der Sammlungsaufbau?

Erst heute ist ein Brief bei mir eingetrudelt, von dem ich weiß, was drin ist. Der Inhalt reizt mich so sehr, dass ich das mit der Kamera auspacken werde. Am Wochenende.

Außerdem ist mir eine komplette Sammlung Perry Rhodan-Classics zugespielt worden. Das find ich klasse, zumal mir diese Serie bisher völlig unbekannt war.

Und dann waren da noch ein paar Terra-Sachen und Utopia-Zeug … die langen Winterabende zum Sortieren dürfen also kommen.

Oh, the times they are a changing

Veränderter Lebensrhythmus bringt veränderte Lesegewohnheiten

So, nun ist es also so weit, ich scheine mich ein paar Veränderungen auf meiner Reise einstellen zu müssen. Aber so ist das wohl, wenn sich an den Rahmenbedingungen etwas ändert. Doch der Reihe nach.

Manchmal passieren Dinge im Leben

Zu Beginn meiner Reise hatte ich sehr viel Ruhe und Muße, mein Leben ziemlich gut um meine Leselust zu organisieren. Maßgeblich hierbei waren vor allem gesundheitliche Gründe. In dieser Phase hieß es: Karton her, Hefte raus und Lesen, was das Zeug hält. Und das, mit allem, was zum Heft dazugehört: Papiergeruch, Papiergeräusch, Kleinanzeigen, LKS, Risszeichnungen, farbige Cover … der volle Genuss. Ja, ich bin fast gewillt, eine Parallele zum Hören einer Schallplatte zu ziehen: Hinsetzen, bewusst die Platte auflegen, Knistern, Rauschen, ein großes Cover … der volle Genuss eben.

Manchmal reicht die Zeit nicht für Vinyl

Es liegt auf der Hand, dass solch ein Lesegenuss die gebührende Zeit einfordert. Und zwar zu Recht. Ein Romanheft ist schließlich ein Gesamtkunstwerk – auf seine Art.

Tja. Dann stehst du da, merkst kaum, dass du immer weniger Zeit für das liebgewordene Ritual findest und du sagst: “Morgen lese ich wieder.” Morgen sagst du dasselbe, übermorgen auch … Eine Spirale des Nichtlesens setzt ein.

Dieser Phase folgte eine sehr lange Nichtlesephase, in der mir nichts gefehlt hat. Die Verbindung zu Rhodan war ja durch die Kontakte im Fandom immer da. Auch eine sehr intensive Hörspielphase hat mir über weggebrochene Leserituale Ende 2019, Anfang 2020 hinweggeholfen. Aber irgendwie ist Lesen doch etwas anderes, als hören und quatschen.

Nur für den schnellen Kick zwischendurch

Und dann ist es passiert! Ich erwischte mich dabei, einen Heftroman in elektronischer Form erworben zu haben. Immerhin ist mein Lesegerät für solcherlei Dateien wasserdicht, was ganz neue literarische Entspannungsformen zulässt.

Der Weg aus der Nichtlesespirale heraus weist gewisse Parallelen zum Hineinweg auf: Du kaufst ein ebook, und sagst, dass du morgen wieder Papier nimmst, du kaufst ein zweites und sagst … zum Glück gibt es ja die praktischen Zykluspakete mit 50 Heften.

Und so erwuchs aus dem schnellen Kick für zwischendurch die Grundlage für eine rasante Hefteaufholjagd im Sommer 2020. Wer ein wenig mitgelesen hat, weiß auch, dass ich mit den Heften vor Band 1400 ein paar Probleme hatte. Insofern war ich ganz froh, durch diese Serienphase recht schnell durchpflügen zu können

Seit ich bei den Cantaro bin, hat sich meine Leseroutine offenbar noch einmal ein wenig geändert: Unter der Woche hält der Ebook-Reader her, am Wochenende, oder an Tagen mit mehr Zeit, lege ich dann sozusagen die Vinylplatte auf und genieße das wundervolle Kulturgut “Heftroman” mit allen Sinnen. Mitunter habe ich mich auch schon dabei erwischt, bei einem bereits gelesenen Roman nur die LKS oder die Extrateile analog zu lesen. Macht auch Spaß!

Digital ergänzt analog

Ich denke, dass ich mit dieser Lösung einen guten Kompromiss gefunden habe, der mir meine tägliche Dosis Rhodan und das sinnliche Erlebnis des Papierheftes ermöglicht. Im Moment bin ich gespannter den je, in welchen Bahnen sich meine Reise in Zukunft bewegen wird.

P.S.: Noch eine winzige Veränderung hat sich ergeben. Der Liveticker auch meinem Blog war schon lange nicht mehr live. Darum habe ich ihn kurzerhand abgeschafft. In Zukunft ist da nur noch der gerade leseaktuelle Zyklus gelistet.

Zyklusrückblick – Tarkan

Normalerweise lasse ich einen Zyklus ja ein, zwei Tage sacken, bevor ich etwas dazu schreibe. Bei Tarkan mache ich eine Ausnahme. Heft 1399 habe ich vor 5 Minuten zugeklappt und das Fazit lautet:

Nein! Nein! Und nochmals nein.
Mit den letzten 50 Heften ist meine Lieblingsraketenheftserie für mich an ihrem Tiefpunkt angekommen. Da bin ich auch nicht mehr bereit, etwas Gutes aus dem Zyklus zu picken, außer vielleicht, dass uns Jen Salik in Zukunft erspart bleibt. Der Rest war gepflegter Quadratunsinn im bisher schlechtesten Zyklus.
Schwamm drüber und weiter mit den Cantaro.

Die Telepathin – Christina Hacker

Ein etwas anderer Ausflug ins frühe Perryversum

Der Tarkanzyklus ist wahrlich starker Tobak, viel Luft nach unten ist da nicht mehr. Höchste Zeit also, sich mal wieder ein wenig rechts und links der Hauptserie zu tummeln.

Schon vor ein paar Wochen trudelte dazu ein Exemplar des Fanromans Die Telepathin von Christina Hacker bei mir ein. Erhältlich ist der Roman im Spaceshop der Perry Rhodan Fanzentrale zum Preis von 7,90€ (oder 5,00€ für Mitglieder). Statt der üblichen Rezension gibt es zu diesem Roman ein Interview mit der Autorin. Christina war so freundlich, sich von meinen Fragen löchern zu lassen.

Die Telepathin – Christina Hacker, (c) PRFZ

Die Telepathin – Fragen an Christina Hacker

Heftehaufen: Christina, erst einmal herzlichen Dank für den Roman aus der Frühzeit des Perryversums. Der Handlung spielt im Jahr 2238, also der sehr frühen Serienfrühzeit, noch vor dem Kampf gegen die Meister der Insel. Ist das deine Lieblingsepoche oder kannst du mit dem späteren Perryversum mehr anfangen? Du bist ja wie ich eher später dazugestoßen.

Christina Hacker

Christina: PERRY RHODAN kenne ich seit Anfang der Neunziger. Gleich nach Öffnung der deutsch-deutsche Grenze entdeckte ich die Heftromane und las mich durch einen Teil des Cappin-Zyklus. Viel weiß ich davon allerdings nicht mehr. Aber ich hatte mir immer vorgenommen die Silberbände zu lesen.
2013 habe ich meinem Mann die ersten zwanzig Silberbände gekauft und die dann auch selbst gelesen. Das ließ meine Leidenschaft wieder aufflammen. Etwa in dieser Zeit entstand auch »Die Telepathin«. Als eingefleischter Star Trek-Fan fand ich das soziale Miteinander auf den Schiffen des Solaren Imperiums teilweise schon sehr skurril. Der Roman sollte eine Persiflage auf die Rhodan-Romane der Frühzeit werden.
Ich muss gestehen, dass ich bei den Silberbänden bei Band 30 hängengeblieben bin. Das ist vor allem meiner wenigen Freizeit geschuldet. Mein Mann ist mir inzwischen schon weit vorausgeeilt. Aber ich möchte die unbedingt alle noch lesen.
Was das spätere Perryversum angeht, bin ich mit Band 2700 wieder eingestiegen, habe aber dann auch ziemlich bald wieder kapituliert und nur vereinzelt die Gastromane gelesen. Nach 3000 habe ich es wieder probiert und bin bis Band 3020 gekommen. Ich schaffe es zeitlich einfach nicht, regelmäßig die EA zu lesen. Dafür lese ich NEO seit Band 75 ununterbrochen.

Heftehaufen: Immer wieder liest man von dir ja auch Texte aus dem Star Trek-Universum. Welche Besatzung steht dir näher? Herr Rhodan und sein Team oder Jean Luc Picard und seine Truppe? Und warum ist das so?

Christina: Star Trek hat mich damals als 16-jährige komplett umgehauen. Ich stieß eher zufällig auf die Ausstrahlung der ersten TNG-Episode 1990 im ZDF. Ich verliebte mich unsterblich in Wesley Crusher und das war’s dann. Von dem Zeitpunkt als ich gemerkt habe, es gibt von Star Trek auch Bücher, war es mit Perry vorbei. Grins!
Wobei ich heute eher ein großer Anhänger von Star Trek: Deep Space Nine bin. Es ist die Serie, die mich am meisten beeinflusst und inspiriert hat. Die Serie wird sehr oft unterschätzt, aber in meinen Augen ist sie bis heute diejenige Star Trek-Serie, mit den ausgefeiltesten Charakteren und den besten Geschichten. In dem Fanclub, in dem ich damals war, wurde zu keiner anderen Serie mehr Fan-Fiktion veröffentlicht als zu DS9. Das bedeutet etwas.

Heftehaufen: »Die Telephatin« ist für mich in mehrfacher Hinsicht ein besonderer Fanroman. Ich glaube, er ist der »startrekigste«, den ich jemals gelesen habe. Nicht nur einmal musste ich an Harry Mudd denken. Und das Thema »Kommunikation zwischen völlig unterschiedlichen Spezies« zieht sich ja durch die komplette TNG-Serie. Gab es zu irgend einem Zeitpunkt mal Überlegungen, die Telepathin Golineh von der Enterprise retten zu lassen, oder war die Geschichte immer schon als Rhodan-Story geplant.

Christina: Das war von vornherein als Rhodan-Story geplant. Schon allein wegen der Rechte. Wäre irgendein Begriff von Star Trek in dem Text aufgetaucht, wäre eine Veröffentlichung über die PRFZ nicht möglich gewesen. Die von Paramount sind scharf wie Bluthunde, wenn es um sowas geht. Ich kann mich an Zeiten erinnern, als Fans ihre Webseiten schließen mussten, weil angeblich zu viel Star Trek drauf war. Fanfilme sind seit einigen Jahren ebenfalls nicht mehr möglich. Wir müssen froh sein, dass die PERRY RHODAN-Redaktion das so entspannt sieht und semiprofessionelle Fan-Publikationen, wie die FanEdition erlauben.
Zurück zu Deiner Frage. Wenn man mein PERRY RHODAN-Star Trek-Crossover »Parallelwelten« liest, wird man ein paar Parallelen entdecken, vor allem zu Beginn. »Parallelwelten« entstand vor »Die Telepathin«. Ich habe da ein paar Ideen entnommen und weitergesponnen. Ich wollte eine Liebesgeschichte schreiben, auch weil Robert Vogel zu mir gesagt hat: »Sex sells – nur nicht bei PERRY RHODAN«. Ich wollte ihm das Gegenteil beweisen. Hat auch geklappt, laut den Verkaufszahlen, scheint sich der Roman ganz gut zu verkaufen. Zwinker!

Heftehaufen: Andererseits lässt sich »Die Telepathin« ja auch als feministischer Roman lesen, in dem eine Frau im männlichen Umfeld stumm bleibt. Hättest du gern mehr starke Frauenfiguren in der Rhodan-Serie?

Christina: Feminismus – ist so ein Begriff, den ich eigentlich nicht gern höre. Ich finde, dass wir diese ganzen Unterschiede viel zu sehr manifestieren, von beiden Seiten. Es sollte normal sein, dass eine Frau das gleiche tun und lassen kann wie ein Mann. Warum müssen wir diese Unterschiede immer wieder betonen? Wir sind alles Menschen.
Ich bin im Osten aufgewachsen, da wurden keine solchen Unterschiede gemacht. Meine Mutter ist genauso arbeiten gegangen wie mein Vater. Da gab es diese Diskussionen: »Das kannst du nicht tun, weil du eine Frau bist.« nicht.
Ich will keine Sonderbehandlung, nur weil ich eine Frau bin. Ich habe Elektrotechnik an einer Technischen Universität studiert. Wir waren im Matrikel 120 Studenten die Elektrotechnik gewählt haben, davon waren 12 Frauen. Wir haben uns da genauso durchbeißen müssen, wie die Männer. Wir haben keine Sonderbehandlung bekommen, sind aber auch nicht diskriminiert worden. Das kam erst nach dem Studium, als ich in die Arbeitswelt gewechselt bin. Da hatte ich gegen viele Vorurteile zu kämpfen. Es war ein Grund, warum ich mich relativ schnell selbständig gemacht habe.
Um deine Frage zu beantworten. Ich finde, dass es sehr wohl starke Frauen bei PERRY RHODAN gibt. Bei NEO dominieren sie fast schon die Serie. Mich unterhält aber auch ein Roman, der nur von Männern handelt. Wenn die Geschichte gut erzählt ist, vermisse ich die Frauenfiguren nicht.

Heftehaufen: Natürlich könnte man »Die Telepathin« ja auch sinnbildlich für die Situation auf vielen Cons lesen. Ich stelle mir gerade eine Horde von Frauen auf einem Con vor, wie Tiberiu Varga sie bändigen muss. Ist es für dich manchmal eine Herausforderung, als Frau in einem sehr männlich geprägten Fandom so aktiv zu sein?

Christina: Wie schon gesagt, ich habe an einer Technischen Uni studiert und als Ingenieurin in einem Job gearbeitet, der hierzulande noch von Männern dominiert wird. Seit 2017 arbeite ich in einem Handwerksbetrieb, dass ist noch mal eine Nummer härter. Da darf man als Frau nicht empfindlich reagieren, da muss man sich einfach durchsetzen. Wenn man da die Feministinnenschiene fährt und nicht authentisch bleibt, ist man schnell unten durch. In einem solchen Umfeld verdient man sich Respekt mit Leistung, das ist bei den männlichen Kollegen nicht anders.
Im Fandom geht es dagegen richtig »zivilisiert« zu. Nein, es macht mir nichts aus. Ich bin den Umgang mit Männern gewohnt und hatte noch nie Probleme deswegen. Im Gegenteil.

Heftehaufen: Wo wir gerade beim Fandom sind. Magst du uns verraten, was du als nächstes planst? Oder nimmt dich die »SOL« in dieser besonderen Zeit gerade voll in Beschlag?

Christina: Ja, die »SOL« nimmt mich sehr in Beschlag, immer nicht nur jetzt. Momentan läuft gerade die Schlussredaktion von Heft 100. Da kommt nochmal eine Menge Arbeit auf mich zu. Außerdem muss ich bereits die nächste Ausgabe vorbereiten. Zudem mache ich ja auch die »FanSzene«, meine Kolumne in der Erstauflage, da bleibt für private Projekte wenig Zeit.
Ich schreibe seit 2018 an einem Zeitreiseroman. In der Geschichte geht es um die Frage: Wenn du die Möglichkeit bekämst, dein Leben zu ändern und Entscheidungen anders zu treffen, würdest du es tun? Mehr als die Hälfte des Exposés ist abgearbeitet. Es wird aber noch ein bisschen dauern. Wie gesagt, die »SOL« hat Vorrang.

Heftehaufen: Christina, ich hoffe, dass wir uns bald mal wieder real und live sehen können und bedanke mich für deine Zeit. Ad Astra.

Christina: Das hoffe ich für uns alle, denn was ist schon ein Fandom ohne persönliche Kontakte.
Es war mir ein Vergnügen.

Übrigens:
Wer wissen will, wie Star Trek und Rhodan zusammen passen, sollte unbedingt auch Christinas Crossover lesen, das unter https://www.christina-hacker.de/meine-buecher/tcai-reihe/ kostenlos heruntergeladen werden kann.

Vakuum – Phillip P. Peterson

Ein wenig handfeste Ausgleichsliteratur

Vorweg: Ich erhielt vom Autor ein kostenloses Rezensionsexemplar ohne jegliche inhaltliche Vorgabe. Es gibt Menschen, die sind der Auffassung, ich müsste diesen Artikel daher als Werbung kennzeichnen. Insofern: Werbung!

Phillip P. Peterson (Foto: Peterson)

Innerhalb des Perryversums fliege ich gerade in Richtung Hangay und allem, was da noch so aus Tarkan rausfallen könnte. Das ist alles derartig abgedreht, dass mal wieder etwas realistischeres hermusste. (Hihi, der bezeichnet SF als realistisch). Da kam mir das neueste Werk des studierten Raketenwissenschaftlers Peter Bourauel alias Phillip P. Peterson gerade recht. Mit Begeisterung stürzte ich mich ins Vakuum.

Das steht drin

Seltsame Dinge geschehen auf der Erde und dem Mond – zunächst ungeachtet einer breiten Öffentlichkeit. Denn wer interessiert sich schon für Neutrinos, die in antarktischen Beobachtungsstation gemessen werden. Und selbst die bevorstehende Mondlandung lockt nur noch wenige Menschen vor die Livestreams, da es sich bereits um die dritte in einer Serie neuer Landungen handelt. Kurz nachdem der Pilot der Mondfähre und rücksichtslose Macho Colin Curtis im letzten Augenblick vom Abbruch seiner Mission erfährt, eröffnet ihm seine Kollegin, ein außerirdisches Flugobjekt identifiziert zu haben. (Und nein, es ist anders, als du denkst, Schatz!)

Schnell ist der wissenschaftlichen Gemeinde und der Politik klar, dass der Erde eine Gefahr unbekannten Ausmaßes droht.

Klingt ein bisschen Klischeehaft, aber wenn Andreas Eschbach hier vom endgültigsten Katastrophenthriller schreibt, kann ich nach der Lektüre nicht anders, als ihm begeistert beizupflichten.

Schnell nimmt die Geschichte Fahrt auf und der Autor darf ganz der Raumfahrtingenieur sein, der er ist. Großartig!

So hat es mir im Vakuum gefallen

Mal wieder steht die Welt auf dem Spiel – eigentlich kein Szenario mehr, dass in Science Fiction Kreisen sonderlich originell erscheint. Dennoch ist Petersons neuester Roman aus mehrfacher Hinsicht lesenwert:

Peterson kann auf eine beachtliche Karriere als Luft- und Raumfahrttechniker zurückblicken. Was der Mann schreibt, hat technisch Hand und Fuß und ist bestens recherchiert. Freunde realistischer Science Fiction werden weite Teile des Romans dafür lieben, dass der Autor ein fast vergessenes Antriebskonzept hervorkramt und ein faszinierendes Raumschiff konstruiert. Einen Hinweis gibt das folgende Video:

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Explosionen können toll sein.

Vor lauter Technik lässt Peterson aber auch ethische und soziologische Überlegungen nicht außer Acht. Was bewirkt das Wissen um das nahe Ende mit der Persönlichkeit des Menschen und der Gesellschaft, in der er sich bewegt? Erschreckend und faszinierend zugleich.

Dabei weiß der Autor nicht nur genau, worüber er schreibt, sondern auch wie man das tut. Nach einigen etwas holprigen Dialogen zu Beginn des Buches (die dem Lektorat hätten auffallen können) nimmt die Geschichte derartig Fahrt auf, dass ich den Herren Peterson und Emmerich mal einen gemeinsamen Kaffee gönnen würde. Aber Science Fiction und Verfilmungen, das ist so eine Sache, von der auch der Autor zu berichten weiß:

Das Filmgeschäft ist ein Haifischbecken. Grundlegend muss man sagen, dass es in Hollywood so dermassen viele Drehbücher gibt, dass man da nicht unbedingt auf einen deutschen Roman wartet. Anders wäre es, wenn „Transport“ sich in den USA zu einem Millionenseller entwickeln würde und danach sieht es eher nicht aus.

In Deutschland ist es auch nicht viel besser. Das Interesse der Produzenten an SF hält sich leider sehr in Grenzen. Es gab zwar schon vereinzelte Anfragen von Indie-Firmen an den Filmrechten, aber im Falle einer Verfilmung lege ich Wert auf hohe Produktionswerte. Eine Realisierung als B-Movie kommt für mich nicht in Frage.

Und wenn es noch nicht mal Perry Rhodan schafft, eine vernünftige Verfilmung zu finanzieren …

Also: Nein, es ist keine Verfilmung in Sicht.

Quelle: http://raumvektor.de/faq/ (abgerufen am 14.10.2020)

Bis dahin bleiben also nur Kopfkino und eine gute Tasse Kaffee zum Weltuntergang.

Kaffee zum Weltuntergang im Vakuum

Fazit

Wer realistische Near-Future-Szenarien mag, auf dicke Raketen steht und auf Wendungen steht, die sich logisch aus der Geschichte ergeben, darf beruhigt zu Vakuum greifen und sich von Philip P. Peterson mit in den Untergang reißen lassen. Als Belohnung sind eine packende Geschichte und eine der hoffnugsfrohesten Dystopien der letzten Zeit ausgesetzt.

Technische Daten

Der lokale Buchhändler oder die lokale Buchhändlerin freuen sich über folgende Angaben:

  • Vakuum
  • Phillip P. Peterson
  • Fischer Tor, 2020, 493 Seiten
  • ISBN: 9783596700745
  • 16,99€

Und wer den Anfang nicht gelesen hat: Ich habe ein Rezensionsexemplar bekommen. Deshalb: Werbung.

Zyklusrückblick – Die Gänger des Netzes

The Show must um jeden Preis go on

Ein paar freie Tage gepaart mit ein wenig Leseelan und einem kurzen Zyklus – und zack ist der nächste Rückblick da. Und mal wieder bin ich einigermaßen zerrissen ob der Hefte, die ich im Eiltempo las. Aber vermutlich schlägt das Pendel am Ende doch zum positiven aus. Lasst uns doch einfach mal schauen.

Was steht drin?

Perry hat eine halbgottähnliche Tochter, die entführt wird, alle suchen sie, und Icho Tolot hat seinen großen Auftritt. Danach scheint die kosmische Hanse mehr und mehr in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, stattdessen organisiert man sich lieber in Kleingruppen mit komischen Namen. ESTARTU und Tarkan scheinen dicke Dinger zu sein, aber niemand hat einen Plan. Alaska hat die Maske ab und bleibt seltsam gesichtslos, Perry tackert sich das nächste Kosmodings ans Knie, und um es spannend zu machen, klatscht ein KLOTZ aus einem anderen Universum in die Handlung. Immerhin. Und irgend jemand scheint ein Faible für sperrige Titel zu haben, oder jemand anders hatte bereits ein Copyright auf den Terminus “Netzgänger”. Wie dem auch sei – war flüssig zu lesen.

Meine höchst subjektiven Eindrücke

Tja, wo fange ich an. Am besten mit dem Offensichtlichen: Mit dem KLOTZ scheppert etwas recht Geheimnisvolles gleich zum Anfang in die Handlung und die Expokraten haben offenbar aus dem OLD-MAN-Desaster gelernt. Diesmal wird nicht in Heft drei aufgeklärt, warum das Ding da steht und wer es gebaut hat. Schön, sehr schön. Und auch Ratber Tostan macht eine ziemlich gute Figur.

Gar keine gute Figur macht hingegen Alaska, der zwar ein paar schöne Auftritte bekommt. Aber als Mann ohne Maske bleibt mein Lieblingscharakter doch relativ unscheinbar. Fast, als hätten die Autoren nicht gewusst, was man mit dem neuen Alaska so anstellen könnte. Für diese These spricht, dass ich den guten Mann zu meinem persönlichen Einstieg ja wieder mit Gesichtsbedeckung kennenlernen durfte. Offenbar wird da irgendwann mal jemand ein Einsehen gehabt haben werden. (Welche Zeitform nutzt man für eine zukünftige Handlung, die vor Jahren geschrieben, aber noch nicht gelesen wurde, deren Ausgang bekannt ist und die zudem noch in einem fiktiven Universum in ferner Zukunft spielt. Sag mir noch jemand, Science Fiction wäre einfache Literatur.)

Noch blasser bleibt Jen Salik, der unglückliche Ritter der Tiefe, der ungefähr so notwendig war, wie die Freundinnen von Justus, Peter und Bob oder das neue A-Team Mitglied in der finalen Staffel. Es würde mich nicht wundern, wenn der gute Ritter den nächsten Zyklus nicht überlebt. (Ralf, lass das spoilern, bitte.)

Ach ja, und dann gibt es da noch die Kartanin, die in vermutlich nicht allzu ferner Zukunft mal wieder die gute alte Ringwelt auf meinen Nachttisch bringen werden. Ich mag Katzen in Raumanzügen.

Tja, und die Handlung? Mal ehrlich, der olle Perry kämpfte gegen die Elemente höchstselbst, erlebte Dinge, die sich niemand von uns vorstellen kann, kriegt dann kurz vor der finalen Frage Fracksausen und macht einfach das dasselbe nochmal, was er mit dem Frostrubin schon getan hat, nur mit weniger mächtigen Gegnern?

Bitte …

Das ist wie Pierre Littbarski bei Brummel Sendai, Franz Beckenbauer bei New York Cosmos oder Kevin Großkreutz bei Bayer Uerdingen. Alles schön und gut, aber muss das sein? Hätte Perry nicht einfach alle drei Fragen beantworten können? Und dann einfach so aufgehen in ES? Oder sich mit Ernst Ellert ein Wiesnbier gönnen? Irgendwas anderes, als dieselbe Routine, die der gute Mann seit hunderten von Jahren durchzieht?

Und genau da liegt die große Stärke des Netzgängerzyklus! Hätten Ernst Vlcek und Kurt Mahr dem ollen Perry dieses Heldenende spendiert, nachdem er gigantomanischste Abenteuer überleben durfte, dann würden wir heute alle Maddrax oder Sternenfaust lesen und vom großartigen aber viel zu frühen Ende der Rhodan-Serie erzählen. Und VPM hätte sich wirtschaftlich derartig ins Knie geschossen, ich mag es mir gar nicht ausmalen.

Zum Glück waren die damaligen Expokraten cleverer und haben im Netzgängerzyklus auf für mich schlüssige Weise versucht, Perry und seine Serie aus den Fängen der Kosmokraten und Materiesenken zu befreien. Der Mut zum großen Bruch war noch nicht da (Ja Ralf, das mit den Cantaro hast du schon gespoilert.), aber dafür der Mut zum ein oder anderen Experiment. Der Hansezopf scheint demnächst abgeschnitten zu werden, Alaska darf sich verändern, Salik verschwindet in der Versenkung. Das Tiefenland bleibt das Tiefenland, dafür gibt es spannende Kommandounternehmen und Gruppierungen wie die PIG.

Dennoch verschwindet das fantastische Element nicht ganz, und es gibt “Das Netz” und ophalische Meistersinger. Finde ich in seiner Dosierung so vollkommen in Ordnung, denn Perry ohne Sense of Wonder funktioniert ja nun auch wieder nicht.

Dabei scheint es mir, dass all diese Elemente und Versatzstücke nicht ganz zueinander passen wollen. Wie kindliche Experimentierfreude ohne großen Plan, der ja nun bei Meister Voltz eindeutig da war.

Versuch eines Fazits

Auch wenn ich die Handlungselemente des Netzgängerzyklus als etwas zusammengewürfelt empfunden habe, so ziehe ich doch meinen Hut vor der Leistung von Ernst Vlcek und Kurt Mahr. Für mein Empfinden hat William Voltz die Serie an einem Punkt hinterlassen, an dem sie im Grunde auserzählt hätte sein können. Dabei hat er Welten geschaffen, in die zu folgen es immer schwerer wurde. Glaubt man den Erzählungen, so schlug sich das auch in den Verkaufszahlen nieder.

Und was macht man jetzt daraus? Damals entschied man sich dazu, den Heften einen Hinweis auf “mehr Action” mitzugeben und behutsame Änderungen herbeizuführen, ohne den großen Bruch mit dem lange gewachsenen und sorgsam gehüteten Kanon zu provozieren. Und in dieser Hinsicht überzeugen mich “Die Gänger des Netzes”. Ob ich sie erneut lesen würde? Vermutlich nicht. Schließlich warten demnächst die Cantaro und Tarkan will ja auch noch entdeckt werden. In diesem Sinne: Energie!

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