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von Einem, der auszog, um 3000 Perry-Rhodan-Romane zu lesen

Schlagwort: Meinung (Seite 2 von 4)

Tellerrandlesen – Die Großen in der Tiefe

Der heutige Blick über den Tellerrand führt weit zurück, nämlich ins Jahr 1963. Aus diesem Jahr stammt meine Ausgabe des Buches “Die Großen in der Tiefe” von Karl Herbert Scheer.
Das Buch ruht schon einige Jahre im ehemaligen Chaos meiner Bibliothek. Wiedergefunden habe ich es bei der großen Räum- und Ordnungsaktion vor ein paar Wochen und den Auslöser zur Lektüre endlich gab ein kleiner, leider hochaktueller Textausschnitt aus Perry Rhodan Band 400 – Menschheit im Zwielicht:

»Copyright by Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt«

Zusammen mit einem Satz aus dem Klappentext von “Die Großen in der Tiefe” ergibt sich ein Bild, das so gar nicht zum oft bemühten Spitznamen “Handgranaten Herbert” passen will:

“Die größte Gefahr für die Menschheit ist ein einziger Neurotiker an einem Kommandogerät.”

Höchste Zeit also für einen Blick auf ein Werk aus der Feder von Perry Rhodans geistigem Vater.

Worum geht es?

Durch einen tragischen Fehler wird Mitte der 1970er Jahre der Atomkrieg ausgelöst, den eigentlich niemand will, auf den sich aber alle vorbereitet haben. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat einen gewaltigen Tiefbunker errichtet, den am Tag Null nur wenige Tausend handverlesene Spezialisten betreten dürfen, um die Menschheit auf der zerstörten Erde eines fernen Tages wieder aufzubauen. (Natürlich handelt es sich bei den Spezialisten ausschließlich um Männer, Frauen werden zu Reproduktionszwecken zähneknirschend mit reingelassen.)
Der zweite Teil des Buches setzt 174 Jahre nach der totalen Zerstörung ein und zeigt eine Menschheit, die in ihrer Höhle ums nackte Überleben kämpft. Althergebrachte Ordnungsgefüge sind zusammengebrochen, es herrschen strikte Auslese und ein brutales Kastensystem.
Gefangen nicht nur in der Höhle, sondern auch in den gesellschaftlichen Zwängen des jahrhundertelangen Bunkerlebens wagt eine kleine Gruppe junger Menschen den Schritt nach draußen auf die Oberfläche.

Wie hat es mir gefallen?

Karl Herbert Scheer legt mit “Die Großen in der Tiefe” einen Science Fiction Roman vor, der so gar nicht zu seinem leidigen Spitznamen passen will. Zwar rasseln im ersten Teil die Automaten, quietschen die Scharniere. Es werden Waffen geölt und fleißig salutiert, Frauen kommen nur am Rand vor – eine frühe Form dessen, was man heute Military-SF nennt.
Im zweiten Teil ist dann aber Schluss mit Raketen. Hier geht es schonungslos und sehr dezidiert um die Gesellschaft, die sich im Bunker entwickelt hat. Enge, Knappheit und Feuchtigkeit aller Orten, Technologie- und Wissensverlust deluxe. Diese Seiten lesen sich wie die 60er-Jahre-Urfassung von Gluchowskis Metro 2033. Nichts von dem, was in der Moskauer U-Bahn vor sich, lässt Scheer Jahrzehnte früher nicht auch passieren. Selbst Mutanten tauchen am Rande auf.
Aus jeder Zeile des Romans springt Scheers tiefer Wunsch nach Frieden. Ein Mensch, der den Zweiten Weltkrieg noch miterleben musste, setzt dem Weltfrieden ein Denkmal in Form einer Dystopie. Großartig!

Kann ich das Buch empfehlen?

“Die Großen in der Tiefebraucht sich hinter Klassikern wie Planet der Affen (Pierre Boulle, 1963), Logan’s Run (William F. Nolan und George Clayton Johnson, 1967) und Make Room! Make Room! (Harry Harrison, 1966) nicht zu verstecken, und vermutlich ist es eher der generellen Mutlosigkeit deutscher Verleger gegenüber deutschsprachiger Science Fiction geschuldet, dass “Die Großen in der Tiefe” bis heute eher ein Schattendasein führt, verglichen mit den drei berühmteren und etwa gleich alten Geschwistern.
Wer klassische Science Fiction mag, wer auf Dystopien steht und wer mehr über Karl Herbert Scheers Gedankenwelt wissen will, sollte beim Antiquar seines Vertrauens unbedingt nach diesem Buch fragen.

Die Details

Titel: Die Großen in der Tiefe
Autor: Karl Herbert Scheer
Erscheinungsjahr: 1963
Umfang: 169 Seiten
Wilhelm Heyne Verlag München (spätere Auflagen bei Pabel)
Preis: aktuell um die 5,00 € als Taschenbuch


Und sonst so?   

Interessant sind einige hübsche Parallelen zur Perry-Rhodan-Serie. So scheint Scheer eine gewisse Faszination für Mutanten gehabt zu haben. Was er wohl heute von X-Men denken würde.
Außerdem fällt die Charakterisierung, die für mich bis jetzt fest mit Lesley Pounder verbunden war: “quadratisch von Gestalt und Charakter”. Herrlich.

Tellerrandlesen – Das blutende Land

Klaus N. Frick und Herr Rhodan

Es wird mal wieder Zeit, über den Tellerrand zu schauen. Diesmal liegen da allerdings weder Weltraum noch dystopische Welten. Vielmehr habe ich einen Abstecher in die Fantasy gemacht.
Normalerweise bin ich kein besonders großer Freund dieses Genres. Conans Abenteuer haben mich nie für sich gewinnen können und Tolkien hat mit seiner Ringtrilogie alles gesagt, was für sehr lange Zeit in der Fantasy wichtig war. Erst George Martin hat es meiner Meinung nach geschafft, sich vom Übervater freizuschwimmen und etwas Neues zu schaffen.
Wenn aber der Perry-Rhodan-Chefredakteur persönlich einen raushaut, dann will ich es wissen.
Wie tickt die Phantasie des Mannes, der mir mit seinem Team wöchentlich ein Raketenheftchen ins Haus schickt.

Worum geht es?

Das blutende Land von Klaus N. Frick zeigt uns das Land Patloren, das vom Imperium der Eskoher besetzt ist. Gegen einen fiesen imperialen Statthalter samt seiner ebenso widerlichen Gespielin tritt der Bauernjunge Sardev an. Dabei wird Sardev nicht nur in die heraufziehende Rebellion der Patlorenier gegen die eskohischen Herrscher verwickelt, sondern gerät auch in die Fänge eines Magiers, der mit dem Jungen fürchterliche Experimente anstellt, um den Krieg gegen die Rebellen zu gewinnen.

Wie hat es mir gefallen?

Wenn man die Fantasy zwischen Tolkien und Martin aufspannt, bewegt sich Klaus Frick ganz eindeutig in der Nähe von Westeros. Das Auenland ist weit weg. Begangene Gräueltaten werden mit voller Härte geschildert, ohne dass diese Szenen überhandnehmen. Es herrscht nun mal Krieg in Patloren, und der ist Scheiße. Klaus N. Frick nimmt da zum Glück kein Blatt vor den Mund.
Geschickt finde ich, die entscheidende Schlacht eher am Rande darzustellen und dafür lieber das Schicksal Sardevs in den Fokus zu nehmen. Das erspart dem Leser eine Menge Darm und Gekröse, ohne dass die Geschichte an Düsterkeit einbüßt.
Bei all dem ist die Geschichte geradeaus erzählt und verliert sich nicht in den genretypischen Verwicklungen und Endlosszenarien. Sehr fein.

Kann ich das Buch empfehlen?

Mein Exemplar mit Signatur

“Das blutende Land” ist hart, schonungslos und definitiv nichts für
Menschen, die in der Fantasy gern putzige kleine Elfen und Feen haben.  Wer aber westeros’sche Bildgewalt haben möchte, ohne gleich zehn muskelermüdende Schinken lesen zu müssen, der ist in Patloren ganz gut aufgehoben.

Die Details

Titel: Das blutende Land
Autor: Klaus N. Frick
Erscheinungsjahr: 2017
Umfang: 537 Seiten
Verlag Droemer-Knaur
Preis: 12,99 € (Taschenbuch)
ISBN: 978-3-426-52106-9

Und sonst so?

Vor einiger Zeit schon hat Klaus N. Frick eine Erzählung verfasst, die im selben Kosmos, aber zeitlich nach “Das blutende Land” spielt. Ich habe das Hörbuch hier, tu mich mit dem Sprecher allerdings etwas schwer. Ich werde berichten.
Ach ja: Ich habe mein Exemplar selbst gekauft und bekomme für diesen Artikel nur meine Freude am Schreiben als Lohn.

Die Phantome von Epsal – der Stoff für Band 4000?

Kurz vor Weihnachten hat die Redaktion noch mal einen rausgehauen, mit dem sicherlich viele Fans nicht mehr gerechnet haben: Die Serie Perry Rhodan Extra erwacht aus dem Winterschlaf.
Was als einmalige Publikation im Jahr 2004 gedacht war, eine Sonderpublikation zur laufenden Serie mit einer kleinen Dreingabe, schien im Jahr 2012 mit dem Plejadenspiel sein stilles Ende gefunden zu haben.
Nun, nach fünfjähriger Ruhepause durfte Michael Marcus Thurner die Serie mit dem Roman “Die Phantome von Epsal” wiederbeleben.

Was steht drin?

Es ist kaum zu glauben, dass über den Planeten Epsal so gut wie nichts bekannt ist. Schließlich gehören die etwas schrankförmigen Bewohner dieses Planeten seit Ewigkeiten fest ins Perryversum. Michael Marcus Thurner hatte also eine Menge Freiheiten beim Ausmalen ihrer Heimatwelt.
Zu Beginn zeigt der Autor uns den Unsterblichen von seiner staatsmännischen Seite, wie er sich auf einer Konferenz auf Epsal zwischen unterschiedlichsten Fraktionen zu langweilen droht.
Aber es dauert nicht lange, bis ein Attentäter auftaucht und die Konferenz ordentlich platzen lässt. Herr Rhodan, das ist mit Sicherheit kein Spoiler, überlebt die ganze Sache, taucht ab und macht sich an die Aufklärung der Hintergründe.
Hierzu unternimmt er mit einigen Verbündeten eine rasante Reise durch wilde epsalische Landschaften, kommt den Tätern immer näher, und am ende ist doch alles ganz anders.
Aufgelockert wird das Ganze immer wieder durch kleine Einsprengsel der planetarischen Chronik aus der Frühzeit der epsalischen Kolonisierung, die selbstverständlich ebenfalls eine Bedeutung für die Auflösung der Geschichte haben.
Wer mehr über den Inhalt wissen möchte, kann sich hier eine etwas längere Pressemitteilung durchlesen.

Insgesamt eine spannende, unterhaltsame und flüssig zu lesende Erzählung mit dem typischen Thurner-Humor.

Was ist drumherum?

Copyright by Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Perry Rhodan Extra Nr.16 umfasst 98 Seiten ohne Illustrationen, Extras oder Leserbriefe, geht also in seinem Umfang deutlich über ein gewöhnliches Romanheft hinaus.
Verpackt ist der Text in einem Hochglanzumschlag, wie er mittlerweile für Sonderpublikationen und Miniserien üblich zu sein scheint. Die Rückseite und die beiden inneren Umschläge ziert jeweils Verlagswerbung für die neue Website, die Erstauflage und eine Übersicht der laufenden Perry-Rhodan-Publikationen.
Das Covermotiv zeigt den Unsterblichen höchstselbst, in einer Umgebung, die mich an einen gewissen Sumpfplaneten aus einer weit entfernten Galaxis vor langer Zeit erinnert.
Der Perry-Rhodan-Schriftzug knüpft mit seinem roten Querbalken gestalterisch an die Miniserien Terminus und die kommende Olympserie an. Offenbar eine neue Designvorgabe, mit der Sonderpublikationen deutlich von der Erstauflage abgehoben werden sollen. Gefällt mir.

Ein schöner, hochwertig gestalteter Heftroman, leider ohne eine Extra-typische Beigabe.

Woran hatte ich beim Lesen meine Freude?

Michael Marcus Thurner bedauert in seinem Werkstattbericht zum Roman, dass er in der zweiten Hälfte einige Szenen kürzen musste, die ihm wichtig waren. Diese Kürzungen sind dem Roman zwar anzumerken, tragen für mich aber zum besonderen Charme dieser Geschichte bei. So lässt der Autor sich in der ersten Hälfte alle Zeit der Welt, die epsalische Gesellschaft gründlich auszuleuchten, und so den berühmten Planeten und seine noch berühmteren Bewohner greifbar zu machen.

Wunderbar sind die epsalische Dackelplage und die epsalischen Dampfschweine. Ich bin froh, dass jemand mit dem Humor eines Michael Marcus Thurner hier ans Werk durfte.
Außerdem lernt der Leser eine Menge über die epsalische Militärakademie und die Innenpolitik des Planeten. Faszinierend.

Die zweite Romanhälfte ist vom Tempo und vom Setting her deutlich abgesetzt. Rhodan verlässt den Staatsempfang und schlägt sich durch die epsalischen Sümpfe. Noch mehr Dackel, noch mehr Dampfschweine. Großartig, diese Schilderung einer Welt mit der doppelten Erdanziehungskraft.
Die erhöhte Gravitation ist es auch, die terranische Siedler einst zu dicken Schränken machte. Auf die Frage, wie sich Menschen so schnell an eine neue Umwelt anpassen können, bietet der Roman eine ebenso logische wie erschreckende Erklärung, die wichtiger Bestandteils des Plots ist, und deshalb hier nicht näher beleuchtet wird. (Kleiner Hinweis: Die Phantome spielen hier eine nicht ganz unbedeutende Rolle.)
Wer also wissen möchte, warum ich es witzig fand, dass ein Herr Namens Khan genau die Position auf Epsal einnimmt, die Thurner ihm zuweist, muss schon selber lesen. Es lohnt.

Perry Rhodan war und ist immer auch ein Spiegel seiner Zeit. Wäre die
Serie das nicht, übte sie sicherlich weit weniger Faszination auf mich
aus, als sie es tut. Dabei bezogen die Autoren in den seltensten Fällen
offen Stellung zu einem Thema. Um einmal einen berühmten Begriff von
K.H. Scheer abzuwandeln: Es gab meist nur “Schleichpolitik”.
“Die
Phantome von Epsal” knüpft an diese Tradition an, wird aber ungewohnt
deutlich. Schon lange war keine Perry-Rhodan-Szene mehr so politisch,
wie der Streit zwischen Galaktikern und epsalischen Nationalisten, die
ihren Planeten aus internationalen Verträgen und Staatenbünden
herauslösen wollen. Großes Kino, Herr Thurner. Und vielen Dank für ein klares Statement in Form eines ach so banalen Heftromans.

Michael Marcus Thurner lässt seiner überbordenden Phantasie freien Lauf und schafft einen faszinierenden Planeten, der lange bekannt aber doch unglaublich unbekannt ist. Dabei schreckt er auch vor heiklen Themen nicht zurück.

Sind “Die Phantome von Epsal” ein Einsteigerroman? 

Ich habe “Die Phantome von Epsal” unter der Prämisse gelesen, ob sich er der Roman zum anfixen von Neulesern eignet. Die sehr prominent platzierte Verlagswerbung lässt auf eine solche Zielgruppe schließen.

Die spannende Romanhandlung selbst ist absolut anfängerfreundlich und kommt ohne jeden kosmologischen Überbau aus. Der berühmte Sense of wonder ist zwar da, fiel aber wohl der Kürzung etwas zum Opfer. Aus Einsteigersicht ist das zu verschmerzen, schließlich gibt es ja dann noch die Erstauflage. Und da ist mit den Sprossen ja gerade genug Wunderbares unterwegs.
Ein bisschen unglücklich finde ich die Nummerierung als Band 16. Hier hat man vermutlich die Altfans im Auge gehabt, die sich über eine Fortsetzung des Extra-Serie freuen. Einen potentiellen Neuleser könnte die Nummerierung eher abhalten. Hier wäre ein zusätzlicher Hinweis, dass es sich um einen abgeschlossenen Einzelroman handelt, sicherlich hilfreich gewesen, denn das aktuelle Extra hat durchaus das Potential, Leser für Band 4000 zu gewinnen. Zusammen mit Trivid halte ich Epsal für den derzeit besten Einstiegspunkt ins Perryversum.

In den alten Heften, die ich gerade verschlinge, schiebt sich ja alle fünf Minuten ein Epsaler durch die Szene. Und vor diesem Hintergrund freue ich mich einfach, dass auch die Heimatwelt dieser faszinierenden Wesen endlich einmal beleuchtet wird.

Volker, der Zeitreisende, hat sein Heft auch schon gelesen. Natürlich trifft der Roman bei ihm auf einen ganz anderen, erfahreneren Hintergrund. Lest doch mal rein!

Der Heftroman wurde mir freundlicherweise von der Perry-Rhodan-Redaktion zur Verfügung gestellt.

M87 – was für ein hartes Stück Arbeit

Die letzte ausgewachsene Männergrippe hat mir ermöglicht, ein paar Hefte aufzuholen, sodass ich wieder bei einem Schnitt von einem Heft pro Tag bin.
Und die Männergrippe kam gerade zum rechten Zeitpunkt, da ich vermutlich sonst auf dem Weg nach Magellan stecken geblieben wäre. Aber wenn man ohnehin nicht viel Anderes tun kann …

Nee jetzt mal ohne Quatsch, dieses M 87-Dings ist in meinen Augen ein Drama allerersten Ranges. Wer bitte erzählt so eine Geschichte?

Da gibt es erst einmal die Freifahrer.
Das Zusammentreffen von Freifahrern und Solarem Imperium – was hätte man da für Geschichten erzählen können! Aber nein, Scheer verballert das Thema auf vier brunzlangweiligen Seiten in Band 300.

Dann taucht das Robotschiff OLD MAN auf.
Groß, gefährlich geheimnisvoll. Wow! Hammer, coole Geschichte. Aber nein, in Band 302 (oder 303, ich weiß es nicht mehr) erfährt der geneigte Leser, was es mit dem Ding auf sich hat. Laaangweilig! Karl Herbert, was ist los?

Na gut nächste Chance: Roi Danton.
Coole Sau, tragischer Charakter. Was hätte man den aufbauen können. Man stelle sich nur vor – ein Gegenspieler, der nicht der ollen Mirona gleich kurz vor Schluss wie der Gott aus der Maschine steigt (in Mironas Fall natürlich Göttin), sondern dem Leser seit 100 Heften bekannt ist. Und am Ende dann der “Ich-bin-dein-Vater-Effekt. Aber nein! Im Nebensatz fällt einen Band später, dass Roi der Sohn des Unsterblichen ist. Toll!

Aber OK, kann passieren. Kein Problem. Aber als wäre nicht schon genug dramatisches Potential den Bach runtergegangen, erfährt ungefähr jede Figur, die auch nur ansatzweise eine tragende Rolle spielt, wesssen Sohn der gute Roi nun ist. Ledigleich der Vater bleibt 25 Hefte lang ahnungslos. Unglaubwürdig hoch Siebzehn. Mann! Karl Herbert, was ist passiert?

Nee ehrlich, der Zyklusanfang ab Band 300 ist in meinen Augen echte Quadratgrütze und Herr Haufen befindet sich in seiner ersten echten Durchbeißphase. Voller Unverständnis darüber, was an diesem Zyklus auch nur annähernd gut sein soll. Vermutlich hat Ralf Recht, wenn er sagt, dass die Expokraten bei diesem Zyklus damals einfach zu viel wollten.

Wurst! Diese Phasen gehören dazu. Ich geh wieder lesen, wollte mir nur mal kurz Luft machen.

Andromedings – Eine Rückschau am offenen Hefte – Teil 6

Meine Straße nach Andromeda besteht diesmal nicht nur aus Papier …

“Wow! Was für ein Ende.” So lautete mein Fazit des klassischen MdI-Zyklus. Ich bin so frei, mich selbst zu zitieren, wenn es um das Ende der Andromeda-Staffel geht.

Folgende Hefte habe ich in einem atemlosen Rutsch durchgelesen:

PR Neo 157 – Requiem von Kai Hirdt
PR Neo 158 – Halle der Baphometen von Arno Endler
PR Neo 159 – Der falsche Meister von Rainer Schorm
PR Neo 160 – Im Kreis der Macht von Rüdiger Schäfer

Die MdI sind eine Legende innerhalb des Perryversums, vollkommen klar. Aber was im Neoversum in der zweiten Staffelhälfte abgefeiert wird, ist schon absolut großartig.

Kai Hirdt kündigte ja schon in Oberhausen an, dass einige losen Fäden aufgenommen werden und dass es Mobies gibt. Genau, diese planetengroßen Weltraumwale, die in der Erstauflage einfach nur so da waren. Im Neoversum haben die Mobies tatsächlich einen Sinn und Kai Hirdt gelingt es mit diesen Wesen meisterhaft, die Lebensverachtung, die den Meistern innewohnt, zu schildern. Die Neo-Mobies wurden von den Meistern als kranke Wesen voller Leid und körperlicher Wucherungen geschaffen, deren einziger Zweck es ist, als Rohstoffquelle für die Meister und ihre Hilfsvölker zu dienen. Die Wucherungen der Mobies bestehen nämlich aus einem unverzichtbaren Rohstoff für die Meistertechnologie.

Als wäre dieser Roman nicht schon schrecklich genug gewesen, haut Arno Endler noch einen raus, und greift das Thema “Duplos” auf. Auch diese Wesen spielen in der EA eine entscheidende Rolle, wurden aber auch nie richtig ausgelotet. Und auch Arno Endler zeigt uns die Verachtung und Fürchterlichkeit, die den Meistern innewohnt völlig schonungslos. Ein ganz großes Romandoppel, an dessen Ende zwei Figuren, die schon von Anbeginn durchs Neoversum ziehen, ein ganz neues Schicksal beschert wird.

Rainer Schorm widmet sich dem Schicksal dieser beiden Figuren, Sid und Sue. Ich bin gespannt, was uns hier noch erwartet. Parallel dazu dringt Meister Rhodan mit seinen Kumpels weiter auf die Zentralwelt der Meister vor.

Band 160 ließ mich in der ersten Hälfte etwas ratlos zurück, denn urplötzlich taucht der alte Arkonide auf. Ich war verwirrt ob dieser Plötzlichkeit. Aber spätestens ab Seite 70 tut sich ganz großes SF-kino auf. Die von Kai Hirdt angekündigte Fadenverknüpfung erfolgt, es tun sich kosmische Dimensionen auf, die ganz neue Perspektiven ermöglichen und am Ende bekommt der alte Arkonide eine ganz neue, und im Neo-Serienkosmos völlig logische Rolle zugesprochen. Was daraus wohl wird?

Sids und Sues Schicksal, Atlan und Mirona … es wird Zeit, dass es weitergeht mit Neo.
Ich bin ja relativ früh aus der Serie aus- und erst mit der Andromedastaffel wieder eingestiegen. Frank Borsch hat tolle Bücher geschrieben, keine Frage, aber irgendwann hat Neo bei mir nicht mehr so richtig gezündet, ohne, dass ich damals sagen konnte warum. 
Das neue Expokratenduo macht vieles richtig, hat in der Andromedastaffel den Spannungsbogen schön langsam aufgebaut und legt ein furioses Finale hin, das Lust auf die nächste Staffel macht. Erzählweise und Perspektive unterscheiden sich fundamental von der Erstausgabe und stoßen sicher so manchen Leser vor den Kopf. Das ist auch vollkommen OK. Aber mich hat die gerade abgeschlossene NEO-Staffel definitiv wieder zurück an Bord geholt. Da steigt mein Lesepensum eben noch etwas, das ist schon ok 😉

Stellaris – Meine Lieblingsgeschichten

Die letzte Woche habe ich in Österreich am Neusiedler See verbracht, wo ich schon im Juli weite Teile des MdI-Zyklus verschlungen habe. Im Gegensatz zum Sommerurlaub war ich nur eine Woche weg, hatte die Familie dabei und bin per Luft gereist. Da blieb schon wegen der beschränkten Gepäckmenge kein Platz für einen Heftehaufen. Außerdem war ein Familienurlaub geplant und die Lesezeit daher eher nebensächlich. Also Auftritt: Ebook-Reader mit Stellaris-Geschichten. Jeden Tag ein Paket mit zehn Geschichten – das war ein feines Unterhaltungsprogramm für kurze Lesezeiten und schöne Familienstunden.

In jedem Heft gab es zwei oder drei Geschichten, die es mir besonders angetan hatten, sodass ich jetzt nach einem Wochenende, während dessen sich das Gelesene etwas setzen konnte, meine persönlichen STELLARIS-Favoriten herausdestilliert habe. Auf gehts:

Platz 3: “Blau in Blau” von Hermann Ritter und “Subterranean Homesick Blues” von Dieter Bohn

Ich mache liebend gern Musik, bin auf diesem Gebiet leidenschaftlicher Amateur im besten Wortsinne. Selber spiele ich in einer Folkband die Mandoline und mache auch den Mund auf, ohne dass das Publikum in Krämpfe verfällt. Ich besuche gern das Jazzfestival Neuwied und verehre Jacques Loussier, aber Blues halte ich für ziemlich weinerliche Jammerei. (Es sei denn, er wird von zwei Brüdern mit Sonnenbrille vorgetragen, aber dann ist es auch mehr was anderes ;))
Hermann Ritter lobt in seiner Geschichte die intellektuelle Überlegenheit des Jazz gegenüber dem Blues, und sofort tauchen vor meinem inneren Auge ältere Herren mit runden Brillen und schwarzen Rollkragenpullovern auf, die in stiller Andacht Nils Landgren lauschen. (Eins der spannendsten Konzerte, die ich je gehört habe. Nach zwanzig Minuten stieg Nils Landgren persönlich von der Bühne ins Publikum und sorgte im Sitzpublikum für Unruhe. Herrlich.)
Und dann lässt Dieter Bohn noch den Jülziish los, der sich als Bluessänger verdingt, während er selbst viel lieber der Folkmusik frönen würde. Als feines Schmankerl ist jede Zwischenüberschrift die direkte Übersetzung von Liedtexten eines gewissen Literaturnobelpreisträgers namens Zimmerman. Ich hatte Spaß beim Lesen. Noch mehr Spaß hatte ich, als mich Dieter Bohn auf dieses Video vom Weltcon 2011 aufmerksam machte. Leider ist der Ton mittelunterirdisch, aber die Show ist es wert:

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Platz 2: “Exo-Progressionen” von Michael Marrak

Ralf Entz hat dieser Geschichte den Sonderpreis für Abgefahrenheit verliehen. Dem kann ich nur zustimmen. Eins meiner Lieblingsthemen in der SF ist das Thema “Kommunikation”. Was passiert, wenn völlig unterschiedliche Lebensformen aufeinandertreffen? Wie kann Kommunikation gelingen? Was ist, wenn Kommunikation unmöglich ist? Tarkovski hat das in seiner Solaris-Verfilmung wunderbar ausgelotet. Michael Marrak destilliert das Wesen dieser Fragen auf wenige Seiten herunter. Lesenswert.

Platz 1: “Lebe Wohl” von Frank Borsch

“Lebe Wohl” –  die Geschichte um eine öffentlich inszenierte Selbsttötung, oder wie es in der Geschichte heißt “Selbstentleibung”. Was mich an dieser Geschichte fasziniert, ist wohl nicht verständlich, wenn ich nicht kurz ein wenig aushole, und erzähle wer da eigentlich genau auf dem Heftehaufen sitzt.
Seit ich lese und öffentlich darüber schreibe, erreicht mich immer wieder mal die Frage, woher ich meine Zeit für mein umfangreiches Leseabenteuer nehme. Meine Standardantwort lautet in dem Fall: “Ich bin Hausmann und kann es mir einteilen.” Das ist der eine Teil der Wahrheit. Der andere lautet: “Ich kämpfe phasenweise gegen eine schwere Depression, die mich vor einigen Jahren arbeitsunfähig gemacht hat, seitdem schmeiße ich eben den Haushalt, so gut es meine Verfassung eben zulässt.” Die tägliche Perry-Rhodan-Lektüre ist dabei für mich nicht nur eine nett-spleenige Beschäftigung und Befriedigung meiner Nerdneigung. Vielmehr erreiche ich durch die tägliche Lektüre auch eine gewisse Regelmäßigkeit und Ruhe in meinem Alltag, die mich zwingt, zwei Stunden am Tag nur bei mir und der Phantasie zu sein. Das klingt vielleicht ein wenig abgedreht, aber für mich ist diese Regelmäßigkeit überlebenswichtig. Danke Perry Rhodan.
Zurück zu “Lebe Wohl”. Jeder, der mit Depressionen zu tun hat, kommt irgendwann am Thema Selbsttötung vorbei, einem Thema, das in unserer Gesellschaft immer noch mit einem Tabu belegt ist (allein das gängige Wort “Selbstmord” impliziert ja ein verabscheuungswürdiges Verbrechen) und als Zeichen von Schwäche gilt. (Der ist feige, steigt einfach aus und denkt nicht drüber nach, was er anderen damit antut.)
Frank Borsch gelingt es, dieses Tabu in seiner Kurzgeschichte völlig unverkrampft zu behandeln und bricht das ernste Thema durch die absurde Idee, dass die Schiffsbesatzung für eine reibungslose Inszenierung der Selbstentleibung zu sorgen habe.
Gerade bevor es zu abgedreht wird, bekommt Borsch die Kurve und lässt den Chefstewart nach den Ursachen für die geplante Selbsttötung forschen, was schließlich zu deren Verhinderung führt.
Borsch führt uns damit einen möglichen Beweggrund für die Selbsttötung vor Augen: Nach einem Leben in Einsamkeit ein einziges letztes Mal die Aufmerksamkeit zu erhalten, die im Leben ausblieb, aus welchen Gründen auch immer.
Die Geschichte schafft all das, ohne Verkrampfung, Hilflosigkeit und Scham, die ich leider oft im Umgang mit Depressionen und dieser Art von Ausweg erleben durfte.
Ich bin zum Glück mit einer wunderbaren Frau und einigen sensiblen Freunden gesegnet, die mir durch die dunkelsten Phasen geholfen haben, sodass ich sicherlich keinen Chefstewart nötigen werde, mir bei meiner Selbstentleibung zu assistieren. Dazu finde ich mein Leben mittlerweile wieder viel zu schön.

Danke, alle, die mich in diesen Phasen ge- und ertragen haben.
Danke, Frank Borsch, für diese Geschichte.
Danke, Perry Rhodan, für Routine und meine tägliche kleine Auszeit mit mir selbst und dem Weltraum.

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