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von Einem, der auszog, um 3000 Perry-Rhodan-Romane zu lesen

Die verlorenen Jahrhunderte – Florence

Die Erwartungshaltung – en gros und en detail:

Dass es zu einem Zeitsprung in der Handlung nach Band 3000 der Erstauflage kommen wird, ist seit längerem bekannt. Wie weit die Handlung in die Zukunft springt, ist derzeit noch Gegenstand von Spekulationen. Die von verantwortlicher Seite gestreuten Hinweise, die bislang bekannten Romantitel nach 3000 sowie die nun begonnene Reihe von digitalen Publikationen lassen viele Gedankenspiele zu. Beim Schreiben dieser Zeilen habe ich eben Band 2998 gelesen, was die Phantasie nochmals anregt (Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal Kai Hirdt für den tollen Roman!).

Die eben benannte e-book-only-Reihe trägt den Titel „Die verlorenen Jahrhunderte“ und soll den Zeitraum zwischen den Bänden 2999 und 3000 beleuchten.

Damit ist es klar: Jahrhunderte werden augenscheinlich vergehen, bis die Erzählung nach dem Ende des „Genesis“-Zyklus wieder einsetzt. Aber wie groß ist die Lücke nun genau? Dreihundert Jahre? Vierhundert? Tausend?

Die Erde sei nur noch ein Mythos und Perry Rhodan sei nicht mehr bekannt, heißt es. Was bedeutet das? Sind tatsächlich Jahrtausende vergangen oder hat der Weltenbrand die Milchstraßenzivilisationen binnen weniger Jahrhunderte ihrer Geschichte beraubt? Oder haben die mysteriösen Cairaner alles gebrainwashed?

Egal wie groß die zeitliche Lücke zwischen 2999 und 3000 ist, die sechs angekündigten Kurzromane werden kein umfängliches Bild der dortzeitigen Ereignisse liefern.

Die angekündigten Themen der Romane (Florence Hornigold, Zweites Solares Imperium, Gemeni-Zellaktivator-Träger) sind breit gestreut. Ich freue ich darauf, dass diese Facetten des Perryversums etwas tiefer gehend betrachtet werden.
Daher erwarte ich, dass man anhand dieser Personen oder Gruppen etwas über die Entwicklung der Milchstraße in den verlorenen Jahrhunderten offenbart. Möglicherweise werden wichtige Eckpunkte der fiktiven Historie eine Rolle spielen, die aus einem jeweiligen Blickwinkel erzählt werden.

Der Inhalt

An dieser Stelle ergeht eine kurze Spoilerwarnung. Ich werde ein paar Details der Geschichte erwähnen. Wer sich nicht spoilern lassen will, der möge zunächst den Roman lesen.

Die Handlung setzt etwa fünfzig Jahre nach den Abenteuern von Florence Hornigold und Atlan um die Suche nach der Proto-Eiris ein. Florence hat inzwischen drei (anscheinend halbwegs erwachsene) Söhne und ist die Handelskönigin im Sternenring der Lee von Cetus.

Sie hat sich also auch nach Atlan wieder für andere Männer begeistern können. Allerdings geistert der Arkonide nach wie vor durch ihre Gedanken, wie man an der einen oder anderen Stelle bemerkt. Zudem scheint sie die Würze und das Adrenalin zu vermissen, die das Zusammentreffen mit Atlan in ihr Leben gebracht haben.

Über die Situation in der Milchstraße erfährt man nichts. Es existiert bedingt durch die große Entfernung keine Kommunikation. Niemand in Cetus weiß, ob es Atlan gelungen ist, die Katastrophe zu verhindern, wofür er die Eiris benötigte.

Das von ES im Sternenring deponierte und dort verbliebene Silo mit Proto-Eiris hat hingegen einen Riss und sein Inhalt sickert unkontrolliert daraus hervor. Die Auswirkungen werden eindringlich beschrieben. Unbelebte Gegenstände erhalten plötzlich ein Bewusstsein, Psi-Fähigkeiten manifestieren sich oder Lebewesen erleiden körperliche Mutationen.

Auch der Körper von Sano, einem Bürgermeister der Lee, verändert sich in besonders hohem Maße. Das ist darin begründet, dass er versucht die austretende Proto-Eiris und ihre negative Wirkung einzudämmen, wobei er sich häufig in unmittelbarer Nähe des Silos aufhält und regelmäßig eine höhere Dosis Eiris abbekommt.

Andere politische Strömungen sehen die Eiris als Machtmittel , das es sich zu Nutze zu machen gilt. Das will Sano zudem verhindern. Seine Gegner schrecken aber auch vor Gewalt nicht zurück.

Als Florence Zeugin eines Anschlags wird, folgt sie dem Lockruf des erneuten Abenteuers und unterstützt Sano.

Was hat mir gut gefallen?

Die Charakterisierung von Florence Horinigold.

Sie wirkt reifer und weniger nervig, als ich sie am Ende ihres Handlungsstranges in der Erstauflage empfunden habe. Dort war sie mir zu sehr darauf fokussiert, ein Beiboot der RAS TSCHUBAI zu ergattern.

Oft stellt man sich als Leser die Frage, wie das Leben der Nebenfiguren weitergeht, die ein paar Romane lang an der Seite der Unsterblichen in kosmisches Geschehen eintauchen und Abenteuer erleben durften.

Für Florence Hornigold wurde diese Frage nun beantwortet. Dabei muss man konstatieren, in der Zeit nach Atlan führt sie relativ dazu gesehen ein Spießerleben. Sie lernt (zumindest) einen Mann kennen, bekommt Kinder, zieht sie auf, erlebt deren Pubertät (die mit Auszug endet) und baut erfolgreich ihr Handelsgeschäft aus.

Das ist auch nicht anders zu erwarten. Kaum ein Wesen kommt überhaupt einmal in den Genuss, mit der Unsterblichen-Riege agieren zu können. Und das ist für die Betroffenen sicherlich ein mehr oder weniger singuläres Ereignis. Danach geht das Leben weiter, mehr oder weniger wie es vorher war. Im Rahmen dessen verleiht ihr Christian Montillon jedoch Charakter. Sie steht mit beiden Beinen im Leben, hat sich zur Handelskönigin gekrönt, was sie dadurch unterstreicht, dass sie den Kommandanten-Sessel ihres Raumschiffs als Thron ausstaffiert. Auch die von Atlan erhaltene Space-Jet scheint sie in erster Linie für entspannende Ausflüge und nicht als Machtmittel zu benutzen.
Und dennoch ist Florence angefixt von den Erlebnissen mit dem Arkoniden. Sie sehnt sich nach neuen Abenteuern und Aufregung, die ihr das Alltagsgeschäft nicht bieten kann.
Sie bezeichnet sich als den „personifizierten Leichtsinn“. Möglicherweise drückt sich darin auch eine Risikobereitschaft auf der Suche nach dem nächsten Kick aus.

Am Ende kann sie ein neues abenteuerliches Kapitel in ihrem Leben aufschlagen. Ein schöner Abschluss für die Figur, die neue Facetten erhalten hat und die ich aber definitiv gerne wiederlesen würde.

Die Milchstraße?

Was erfahren wir zum politischen/kosmischen Geschehen während der verlorenen Jahrhunderte? Eigentlich nichts.

Informationen aus der Milchstraße liegen bedingt durch die große Entfernung nicht vor.

Lediglich die Eiris und was sie bewirken kann, lassen einige Spekulationen zu. Die unspezifischen, teils zerstörerischen Wirkungen auf belebte und unbelebte Gegenstände deuten an, dass es sich um eine nicht ungefährliche Substanz handelt. Proto-Eiris ist – wie wir wissen – nicht programmiert, keinem Zweck zugeführt und agiert folglich völlig unkontrolliert.

Da möchte man nur hoffen, dass die geplante Programmierung in der Milchstraße nicht schiefgeht. Man stelle sich vor, unprogrammierte Eiris flutet die Lokale Gruppe. Nicht gut.

Wurden meine Erwartungen erfüllt?

Nicht vollständig.

Ein Einblick in die Verhältnisse innerhalb der Milchstraße ergibt sich nicht. Ehrlich gesagt ist das auch sinnvoll, denn schließlich liegt Band 3000 noch vor uns und eine rückblickende Betrachtung mit zu vielen Details würde die Spannung nehmen.

Dafür konnte man Florence Hornigold als Hauptfigur und ihren weiteren Werdegang erleben. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Man hat die Gelegenheit genutzt, die Figur noch einmal zu vertiefen und ihr gleichzeitig ein passendes Finale gewährt.

Alles in allem ein schöner Roman, bei dem auch die Action nicht zu kurz kam – und der Hoffnung auf mehr macht!

2 Kommentare

  1. Ralf

    Ich denke mal, man hat den Roman auch deswegen an den Anfang der Reihe gesetzt, weil es hier faktisch unmöglich war, etwas über die Lage nach Band 2999 zu erfahren. Niemand in Cetus ist in der Lage, zur Milchstraße vorzudringen und Cetus selbst ist zu unbedeutend, als dass zum Beispiel eine Handelskarawane (wie zu Zeiten der Kosmischen Hanse) aus Andromeda oder eben der Milchstraße hier hinfinden würde.
    Insofern hatte ich gar nicht erwartet, etwas über die Zeit nach – oder auch während – des Weltenbrands zu erfahren und wurde von der Geschichte in keiner Weise enttäuscht.
    Sehr spaßig und Florence deutete ja am Ende auch an, dass sie von nun an mehr Abenteuer erleben wollte. 😉

    • Martin

      Wohl wahr.

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