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von Einem, der auszog, um 3000 Perry-Rhodan-Romane zu lesen

Früher war alles besser!

Am letzten Montag hatte ich ja ein wunderbares Perry Rhodan Treffen in Köln. Und wenn sich zwei Menschen mit so unterschiedlichen Lesebiographien wie Volker und ich unterhalten, finde ich es immer auch interessant, sich über verschiedene Blickwinkel und Eindrücke auszutauschen.

Ein immer wieder beliebtes Streitthema unter Perry Rhodan Anhängern ist die Existenz sogenannter Füllromane, Romane, deren Existenz im Allgemeinen damit begründet wird, einen Zyklus auf die gängigen Hundert Hefte aufzufüllen.

Ich weiß, dass auch Menschen mitlesen, die mit einigen Spezialitäten des Rhodanschen Kosmos nicht vertraut sind. Deshalb ein ganz kurzer Einschub:

Ein Perry Rhodan Heft besteht normalerweise aus 64 Seiten, die mit einer fortlaufenden Handlung gefüllt werden muss, sollte aber auch als Einzelheft konsumierbar sein. Die vom Fernsehen feiern das gerade als den Heiligen Gral der modernen Fernsehserie ab.

Eine Staffel, oder um den Rhodanbegriff zu nehmen, ein Zyklus umfast in der Regel einhundert Hefte (von Kurzzyklen mal abgesehen). Das bietet den marketingtechnischen Vorteil, dass man einen Band, der auf einen glatten Hunderter endet, Neulesern als Einstiegslektüre ans Herz legt. (Wer das selber testen will, sollte im Bahnhofsbuchhandel einfach mal den aktuellen Band 2900 kaufen.)

Ein beliebter Vorwurf, wenn man mit dem aktuellen Handlungsbogen als Leser nicht zufrieden ist, lautet: “Das ist ein total überflüssiger Füllroman. Weg damit.”
Und da natürlich früher alles besser war, gab es früher auch keine Füllromane. Die kamen erst mit den doofen neuen Autoren, die ja überhaupt keine Ahnung haben.

So eine Diskussion, die ich zugegebenermaßen gerade etwas überspitzt zusammengefasst habe, hatte ich gerade bei einem meiner seltenen Besuche im Perry Rhodan Forum überflogen, als ich mich an Band 68 – Hetzjagd durch die Dimensionen machte.

Und soll ich euch was sagen?  Das Ding ist der allerschlimmste Füllroman, den ich jemals gelesen habe. Habe ich “gelesen” geschrieben? Gelesen? Niemals! Überflogen habe ich diesen Schundroman. Völlig überflüssig. In 45 Minuten war ich durch, habe jede zweite Seite überflogen, weil nichts passierte, und wir am Ende auch nur wenig schlauer waren. So ein aufgeblasener Mist! Nie mehr les ich irgendwas von diesem Stümperautor! Der Mahr sitzt da in Amiland und hat von nichts eine Ahnung! Wie kann man nur? Was soll das? Scheer muss weg! Perry geht vor die Hunde! Das ist das Ende.

Nöö, ist es nicht. In meinem Rücken stehen noch knapp 2900 Hefte. Und das war der erste wirklich richtig doll schlechte. (Von Ausreißern wie dem zweiten Venusabenteuer schweige ich in meinem Wutanfall mal einfach.)

Na und? Davon geht die Welt nicht unter. Denn früher war alles früher, aber nicht immer besser. Perry Rhodan, das größte literarische Projekt der Menschheit, besteht eben nicht aus 2900 Perlen, sondern auch mal aus echtem gequirltem Blödsinn. Das macht den Reiz aus und gehört dazu. Damals wie heute.

In diesem Sinne: Ein Hoch auf alle Füllromane der vergangenen 56 Jahre.

Ad Astra.

4 Kommentare

  1. Volker

    Aber Martin, es gibt doch keine Füllromane 🙂 Jeder Roman hat seinen tieferen Sinn, den wir als normale Leser – im Gegensatz zu den Expokraten – nicht immer sofort erkennen können…Aber auch ich habe schon so manchen Roman nach kurzem Überlesen wieder in die Ecke gelegt. Aber der folgende Roman war meistens wieder sehr spannend :-)Ich habe über unser Treffen in Köln auch einen kleinen Blogbeitrag geschrieben…Galaktische Grüße!

    • Martin

      Ah, jetzt erkenne ich den Sinn dieser Romane. Die sind so, damit man sich schnell auf den nächsten freut. Geschickter Schachzug.

  2. Ralf Entz

    Stell dir mal vor, es gäbe nur gigantisch gute Romane. Da würde doch jeder Leser irgendwann einen Herzinfarkt vor Spannung und Aufregung bekommen. Das ist psychologisch viel gesünder, wenn man die Leser zwischendurch immer wieder auf den Teppich zurückholt. Das mal von der anderen Seite betrachtet. ;)Aber ja, was ich in der langen Zeit schon alles an richtig miesen Machwerken erlebt habe (ich sage nur M87, Venus, Gray Beast oder auch die unfähigsten Mutanten des Universums auf der Jagd nach Boyt Margor)… ist in den Silberbänden oft rausgeflogen. Aber was macht man, wenn man zu den Silberbänden kommt, in denen keine kompletten Romane mehr gestrichen wurden? 😀

    • Martin

      Mensch Ralf, schon wieder ein Argument für die Wichtigkeit der Füllromane. Die Expokraten sind eben seit Jahrzehnten unglaublich fürsorglich mit uns Lesern.Und die Sache mit Grey Beast finde ich auf mehreren Eben recht spannend. Andreas Eschbach hat auf dem Weltcon 2011 gesagt, dass man in PR mehr über die deutsche Gesellschaft lernen kann als durch manche soziologische Abhandlung. Vor dem Hintergrund ist der Grea Beast Krempel echt interessant.Und außerdem hat mir diese Handlungsebene mal wieder Lust gemacht, was von Frau Zimmer Bradley zu lesen. Die hat mit Darkover ja gezeigt, was man aus einem Grey Beast Setting machen kann, wenn man kein Laienspiel aufführt.

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