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von Einem, der auszog, um 3000 Perry-Rhodan-Romane zu lesen

Das größte Abenteuer

Andreas Eschbach enthüllt Kindheit und Jugend des unsterblichen Terraners

Pünktlich zu Tag 788 meiner kleinen rhodanistischen Lesereise erscheint mit Andreas Eschbachs “Perry Rhodan – Das größte Abenteuer” ein 850 Seiten dicker Wälzer, der die Geschichte erzählt, wie es tatsächlich dazu kam, dass nicht die Herren Armstrong und Aldrin zuerst den Mond betraten, sondern Perry Rhodan und seine Kumpels Bull, Manoli und Flipper.

Ich konnte den Roman bereits in München erwerben und habe lange überlegt, ob ich zu dieser Großtat etwas schreibe. Da sie mich aber eine Woche lang beschäftigt hat, gehört ein kurzer Bericht selbstverständlich in mein Lesetagebuch.

Was steht drin?

Versteckt in den Heftromanen, nachzulesen in der Perrypedia, steht so einiges, was bisher über die Kindheit des Risikopiloten mit den bayrischen Vorfahren bekannt war. Eschbach nimmt all diese kleinen Bausteine und setzt sie vor dem geschichtlichen Hintergrund des Wettlaufs zum Mond auf faszinierende Weise zusammen. Endlich ist die Frage ein für alle Mal geklärt, wie Perry Rhodan wirklich und in echt und überhaupt als allererster Mensch auf dem Mond landen konnte und dort selbstverständlich auf Außerirdische getroffen ist.

Wie ist es verpackt?

Perry Rhodan – Das größte Abenteuer © Fischer TOR

Das größte Abenteuer kommt als hochwertiges Hardcover mit Schutzumschlag auf den Lesetisch. 850 Seiten sind nichts, was man mit in die Badewanne nimmt, sind aber sonst gut zu handhaben. Auf dem Cover grüßt ein Mensch im Raumanzug, der so gar nichts mit den Raumanzügen zu tun hat, die der kundige Rhodanist von Johnny Bruck, Dirk Schulz oder Arndt Drechsler kennt. Dies mag vordergründig wahrscheinlich der Tatsache geschuldet sein, dass man den unrhodanistischen Eschbachfan nicht mit all zu abgedrehtem Pulp-Charme überfallen will. Aber im Grunde gibt das Cover einen deutlichen Hinweis, in welche Richtung uns der Autor über die nächsten 850 Seiten mitzunehmen gedenkt: nach Cape Canaveral und das Apolloprogramm der NASA.

Wie hat mir “Das größte Abenteuer” gefallen?

Als ich hörte, dass Andreas Eschbach ein Prequel zu meiner täglichen kleinen Weltraumreise verfassen sollte, war ich nicht ganz unbegeistert, aber doch auch ein wenig skeptisch, was da kommen würde. Diese Prequelgeschichten scheinen ja spätestens seit Star Wars Episode I groß in Mode zu sein, und es gibt genug Beispiele dafür, dass dieses Unterfangen nicht immer gut geht. Aber Meister Eschbach hat ja nun doch deutlich Ahnung von dem, was er sich da vorgenommen hat. Also überwog schnell die Freude.

Johnnes Rüster hat in seiner Vorstellung des Buches im Literaturhaus München ein schönes Bild gewählt: Das größte Abenteuer bewegt sich zwischen Dagobert Duck, Forrest Gump und der Saturn V.

Johannes Rüster verdeutlich den Umfang des Rhodan-Prequels

Anders als Don Rosa gelingt es Eschbach, die Kindheit eines Mythos schlüssig zu erklären, ohne diesen zu zerstören, er lässt seinen Helden wie Forrest Gump auf allerlei bekannte Persönlichkeiten treffen und liefert eine eindrucksvoll recherchierte Version des Apolloprogramms, um diese dann in die rhodanistische Parallelwelt abbiegen zu lassen. In abgewandelter Form erscheint dieser wundervolle Vortrag im Perry Rhodan Report der Heftnummer 3004. Da freue ich mich schon drauf.

Genau diese Mischung aus Mythos und Realität ist es, die mir an “Das größte Abenteuer” so ausnehmend gut gefallen hat. Eschbach verwebt die bekannten rhodanistischen Fakten mit einer lebendig dargebotenen Szenerie der realen Vereinigten Staaten von Amerika in den 1960er Jahren und flicht immer mal wieder eine kleine Schelmerei am Rande ein. (Dass Rhodans Vorfahren aus dem bayrischen Scheernsting stammen, ist dabei nur die offensichtlichste, viele weitere sind im Text versteckt, besonders einige kleine Querverweise zu PR 3000.) Hier hat mir das Buch großen Spaß gemacht, und viel mehr als auf die Begegnung mit den Arkoniden habe ich der Stelle entgegengefiebert, an der Eschbachs Geschichte endgültig die bekannte Zeitlinie unseres Universums verlässt.

Zu Beginn des Romans lässt sich Eschbach viel Zeit, die Familiengeschichte der Rodens, die dann zur Familie Rhodan wurde zu schildern, stellt Perry einen Jugendfreund an die Seite und lässt die beiden allerlei spannende Episoden gemeinsam erleben. All das geschieht in der Sprache eines Chronisten, der sich für Rhodanisten schnell als alter Bekannter entpuppt. Die geschilderten Episoden sind dabei weniger der Science Fiction, als vielmehr dem Entwicklungs- oder gar historischen Roman zuzuordnen. Schließlich begegnen Rhodan und sein afroamerikanischer Kumpel Leroy dem Menschenrechtler Martin Luther King, Rosa Parks hat selbstverständlich ihren Auftritt und gegen Ende des Romans gerät Rhodan in die Pariser Studentenproteste.

Ein wenig störend fand ich den kurzen Abschnitt über die Individualverformer, der aber für unrhodanistische Leser notwendig ist, um das Auftreten Ernst Ellerts verstehen zu können. Es wäre interessant zu erfahren, wie dieser Abschnitt auf Leserinnen und Leser wirkt, die das Buch vornehmlich als Eschbachfans lesen.

Fazit

Perry Rhodan – Das größte Abenteuer ist ein Roman, in dem sich Raketenheft, Entwicklungsroman und historische Erzählung treffen. Beinharte MdI-Fans werden hier mehr über den Unsterblichen erfahren, als sie jemals in 3000 Heftromanen gelesen haben und vermutlich lesen wollen. Freunde lang angelegter Spannungsbögen werden genau so ihre Freude an diesem Buch haben, wie Menschen, die sich vom Spiel mit historischen Details verzaubern lassen können. Da wird die Begegnung mit den Arkoniden schon fast zu Nebensache. Denn die kennen wir ja schon. Andreas Eschbach hat mich mit seinem gelungenen Prequel bestens unterhalten.

4 Kommentare

  1. Markus Regler

    Nichts hinzuzufügen.

    • Martin

      Danke.

  2. Andreas Eschbach

    Querverweise zu PR 3000 sind Zufall; ich wusste genauso wenig wie alle anderen, worum es ab Band 3000 gehen würde.

    • Martin

      Bleibt die Frage, ob die Herren Montillon und Vandeman “Das größte Abenteuer” bereits kannten, und so beispielsweise Oma Eli geschickt platzieren konnten.

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